Der „Neuromarketing-Mantel“ im Marketing

Der „Neuromarketing-Mantel“ im Marketing

Jeder von euch wird es kennen, dass man tagtäglich mit Werbung überschüttet wird. Auf einmal blobbt ein Banner auf einer Website auf, der auch noch genau das anbietet, was man zuvor bestellt hat oder aber man wird zu einem Gewinnspiel geführt. Mein Briefkasten ist leider auch ein Träger von Werbung und diversen Postwurfsendungen, die „zielgruppengenau“ an alle Hausbewohner des Hauses adressiert sind. Im Laden oder aber am Point of Sale (PoS) präge ich mir meistens die gelben Hinweisschilder ein, in der Erwartung einer Aktion, die meinen Geldbeutel schont. Werbung will damit nur „das Eine“ von mir, meine hart verdienten Eurotaler. Aus Unternehmenssicht sicherlich eine tolle Sache, aus Sicht des Kunden einfach nur nervig und in den meisten Fällen nicht auf den Kunden als zu melkende Kuh zugeschnitten. In diesem Kontext hat eine Studie des Institutes für Marketing und Kommunikation herausgefunden, dass Durchschnittskonsumenten mehr als 6.000 Werbekontakte pro Tag wahrnehmen (müssen).

Supermarkt...

Quelle: O. Fischer / pixelio.de

Viel zu viel, wie ich meine…

Und wie soll ich mich aus Konsumentensicht dann für die eine richtige Reklame entscheiden, über das Bauchgefühl, die Emotionen, den Preis oder doch eher über die Bedürfnisse… Um mehr Individualisierung in die Werbung und generell in die Vermarktungsaktivitäten zu bringen, muss man sich eine ausgeklügelte und auf den Kunden zugeschnittene Marketingstrategie überlegen. Daraus ergibt sich für mich folgende Frage: Welche Bereiche berührt das Neuromarketing als Teildisziplin des Marketings? Diese Berührungspunkte möchte ich euch in diesem Beitrag kurz vorstellen.

Begriffe wie Penetrationsstrategie, Cash Cow, Early Adopters, Customer Experience, Storytelling, Corporate Identity, CRM und Silver Surfer sind alles ganz nette Formulierungen, die gut klingen und im Marketerdeutsch Gang und Gäbe sind. Letztendlich geht es jedoch darum, mit seinen Produkten – analog einer Dienstleistung – einen Mehrwert beim Kunden zu schaffen, also dafür zu sorgen, dass er aus dem Kauf des Produkts oder der Inanspruchnahme des Services für sich einen Vorteil zieht. Das heißt, es muss ein angemessener Preis her, das Produkt muss stimmen, die Promotion geplant und die Places für den Verkauf festgelegt werden: Die klassischen vier Ps im Marketingmix – price, product, promotion und place. Und in jedem P hat auch das Neuromarketing Berührungspunkte. Auf Basis der Ergebnisse von Gehirnforschung beschreibt Neuromarketing “den Versuch, neurowissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden zur weiteren Durchdringung (absatz-)wirtschaftlicher Fragestellungen zu nutzen” (Kenning, Neuromarketing: Vom Hype zur Realität, in: Häusel (Hrsg.), Neuromarketing, 2007, S. 18), um daraus gezielt Marketingstrategien abzuleiten.

Doch wo sind nun die Berührungspunkte im Marketingmix?

In der Preisfestlegung oder der Preispolitik geht es darum, den aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten passenden Preis für ein Produkt zu formulieren, der dann auch noch mit der Erwartungshaltung des Kunden übereinstimmt. Sobald die Preiskalkulation beendet ist, kann noch vor der Markteinführung die Zahlungsbereitschaft der Kunden für ein Produkt mithilfe von EEG-Messungen abgebildet werden. Diese Methode zeigt, wie unabhängig von der Kalkulation der Produktpreis vom Konsumenten wahrgenommen wird und ob die Preisstruktur optimiert werden muss.

Beim zweiten P, der Produktpolitik, spielt das Neuromarketing ebenso eine bedeutsame Rolle. Gerade für den Retail-Bereich kann die Customer Experience untersucht werden, wie der Kunde den Laden, das Produktdesign und schließlich die darin positionierten Produkte im Blickfeld hat. Ziel der Messung mit neurowissenschaftlichen Messverfahren ist es eine Wohlfühlatmosphäre, im Marketingdeutsch auch „Emotional Boosting“ genannt, am PoS zu schaffen und die Kaufbereitschaft des Kunden zu erhöhen.

Die Promotion oder Kommunikationspolitik ist dafür verantwortlich, die Kommunikationswege zum Kunden zu definieren und festzulegen, wie dieser emotional angesprochen werden kann. Zum Beispiel kann ein gut gemachter Werbespot dazu führen, dass das Markenprodukt positiv empfunden und im Langzeitgedächtnis des Konsumenten abgespeichert wird. Sieht ein Kunde dann später erneut die Marke in einer Printanzeige und hat positive Erlebnisse mit der Marketing gesammelt, wird in gewissen Hirnarealen eine Markensympathie gebildet und diese Emotionen steuern dann maßgeblich den Entscheidungsprozess. Somit bildet der Konsument präferierte Marken – „First-Choice-Brands“ – und es kommt zur Habituation. Um genau diese rationalen und emotionalen Entscheidungen des Kunden während der Wahrnehmung der Werbung abzubilden, kann Neuromarketing eingesetzt werden. Damit kann Werbung ansprechender, kostensparender und vor allem kundenorientierter gestaltet werden.

Schließlich ist ein weiterer Berührungspunkt des Neuromarketings der Platz (place) und damit die Vertriebspolitik. Neuromarketing soll Antworten darauf geben, über welche Wege wie Internet, Store etc. der Kunde das Produkt erwerben möchte. Zudem kann mit neurowissenschaftlichen Messmethoden am PoS untersucht werden, wie ein Berater im Gespräch mit dem Kunden ankommt. Unter Realbedingungen kann das Beratungsgespräch aufgezeichnet, Schwachstellen erkannt und dann gezielt optimiert werden. Denn wer möchte beim Kleidungskauf nicht ordentlich und vor allem von einem glaubwürdigen Verkäufer beraten werden, um nicht die Floskel zu hören „Das steht Ihnen, kaufen Sie es!“…

In den nächsten Beiträgen möchte ich euch jedes der hier kurz angerissenen vier Ps etwas näher vorstellen und euch praktische Beispiele zeigen, an welcher Stelle der „Neuromarketing-Mantel“ drüber gezogen werden kann. Diese Beiträge erscheinen jeden ersten Donnerstag im Monat und freue mich bereits jetzt auf euer Feedback.

Vorstellung Feith

 

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Die vier Ps als Marketingstellschrauben müssen optimal aufeinander abgestimmt sein und an der richtigen Stelle die richtigen Prioritäten gesetzt werden. Neuromarketing ist hierbei ein verlässliches Instrument, um den „König Kunde“ besser zu verstehen und eine – Achtung Marketerdeutsch – Customer Centricity zu kreieren. Somit kann der Gewinn und der Marketing-ROI verbessert werden.