Die Neuroanatomie von Promotion- und Preventionfokus

Die Neuroanatomie von Promotion- und Preventionfokus

Vor kurzem habe ich an dieser Stelle eine EEG Studie zu den neuronalen Grundlagen des Promotion- und Preventionfokus vorgestellt (Amodio et al., 2004). Diese konnte zeigen, dass sich Menschen, die sich grundsätzlich bezüglich ihres Promotion- und Preventionsfokus unterscheiden, auch unterschiedliche EEG Signale produzieren, was ein erster Hinweis auf hirnphysiologische Unterschiede ist.

EEG Signale lassen aber nur in sehr begrenztem Ausmaß Rückschlüsse auf beteiligte Hirnstrukturen zu.

Das EEG besitzt bekanntlich eine räumlich eher schlechte Auflösung. Eine Unterscheidung zwischen Signalen, die ihren Ursprung im Neokortex, also im äußeren Teil des Gehirns (neomammalian brain) haben, und Signalen, die aus tieferliegenden Strukturen (mammalian und reptilian brain) kommen, ist nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich – einer der Gründe, warum sich die Neurowissenschaft zunehmend auf fMRT Studien verlässt.

Die Frage nach den neuroanatomischen Grundlagen des Promotion- und Preventionfokus bleibt also trotz der Ergebnisse von Amodio et al. (2004) unbeantwortet. Und an dieser Stelle kommt die Forschungsarbeit von Kari Eddington ins Spiel (Eddington, Dolcos, Cabeza, Krishnan & Strauman, 2007)…

Eine fMRT Studie zum Promotion- und Preventionfokus

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Welche Ideale sind Erstrebenswert und lösen Annäherungsmotivation aus?
angieconscious / pixelio.de

Eddington und Kollegen (2007) baten insgesamt 18 Probanden ins Labor, von denen jedoch zwei aus unterschiedlichen Gründen absprangen. Die hier vorgestellten Ergebnisse beruhen also auf einer Untersuchung an 16 Versuchspersonen. Diese wurden zunächst gebeten eine ganze Reihe unterschiedlicher Fragebögen auszufüllen – darunter auch ein Fragebogen zum Promotion- und Preventionfokus, sowie die Frage nach Eigenschaftswörtern, die erstrebenswerte und erwartete Ideale beschreiben.

Bei einem zweiten Termin mit fMRT Messung wurden den Versuchspersonen dann wiederholt jeweils acht dieser Wörter – vier erstebenswerte und vier erwartete Ideale – zusammen mit acht ebenfalls positiven, aber von den Versuchspersonen nicht genannten Eigenschaftswörtern präsentiert. Die Idee dahinter war, dass die personalisierten Eigenschaftswörter Ziele des individuellen Promotion- und Preventionfokus ansprechen und folglich die daran beteiligten Hirnregionen aktivieren sollten, während dies bei beliebigen positiven Eigenschaftwörtern nicht der Fall sein sollte. Um sicherzustellen, dass die Wörter auch tatsächlich gelesen wurden, bekamen die Probanden zudem verschiedene Aufgaben – beispielsweise sollten sie per Tastendruck einschätzen, ob ein eingeblendetes Wort Oprah Winfrey beschreibt oder nicht, ob es den Probanden beschreibt oder nicht und aus wie vielen Silben es besteht.

Sind frontale Asymmetrien auch anatomisch nachweisbar?

Aufbauend unter anderem auf den Ergebnissen von Amodio et al. (2004), die hier ausführlich besprochen werden, hatten Eddington et al. (2007) die Erwartung auch im fMRT Verarbeitungsunterschiede zwischen linker und rechter Hemisphäre zu finden. Konkret erwarteten sie Aktvität im linken Frontalkortex bei Aktivierung des Promotionfokus und Aktivität im rechten Frontalkortex bei Aktivierung des Preventionfokus – also ganz analog zur mittels EEG gemessenen Annäherungs- und Vermeidungsmotivation.

Die Ergebnisse bestätigten diese Erwartung jedoch nicht. Zumindest nicht ganz.

Unabhängig von der Aufgabe der Probanden wiesen Eddington et al. (2007) erhöhte Aktivität in beiden Hemisphären des Frontalkortex nach, wenn erstrebenswerte Eigenschaftsworte präsentiert wurden – genauer gesagt im bilateralen Orbitfrontalkortex. Allerdings war der Effekt in der linken Hemisphäre deutlich stärker!

Die gleiche Analyse für Eigenschftswörter, die vom Probanden genannte erwartete Ideale beschreiben, offenbarte einen Effekt im anterioren cingulären Kortex, aber keine Effekte im Frontalkortex. Die Autoren führenden den fehlenden Effekt im rechten Frontalkortex auf ihr Studiendesign zurück:

Erstens war bei den Probanden laut Fragebogen zum Promotion- und Preventionfokus ersterer viel stärker ausgeprägt als letzterer, wodurch die Wahrscheinlichkeit statistisch zuverlässiger Effekte für den Preventionfokus natürlich deutlich sinkt…

Zweitens sind Eigenschaftswörter zu erwarteten Idealen vielleicht nicht das beste Stimulusmaterial. Vielleicht wären gefürchtete Eigenschaften angemessener gewesen…

Drittens sind Studenten als Probanden in einer Studie zur Wahrnehmung erwarteter Ideale vielleicht ungeeignet, da sie sich generell wenig um Erwartungen kümmern. Aktivität im anterioren cingulären Kortex ist immerhin mit Konfliktverarbeitung assoziiert. Vielleicht wussten die Studenten, dass diese Ideale sie kümmern sollten, auch wenn sie es nicht taten… Diese Interpretation stammt allerdings nicht von den Autoren der Studie, sondern von mir.

Wie dem auch sei: Immerhin scheint der linke Frontalkortex funktional mit Zielen des Promotionfokus zusammenzuhängen. Dieses Ergebnis ergänzt die Studie von Amodio et al. (2004) und zeigt dass das wirtschaftswissenschaftliche Konstrukt des Promotion- und Preventionfokus eine neurophysiologische Grundlage hat.

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Was sind die neuroanatomischen Grundlagen von Promotion- und Preventionfokus? Zumindest der Promotionfokus scheint mit Aktivität im linken Orbitofrontalkortex assoziiert zu sein, auch wenn der rechte Orbitofrontalkortex ebenfalls einen Beitrag leistet. Ob der cinguläre Kortex mit dem Preventionfokus zusammenhängt oder ob dieses Ergebnis ein Artefakt des Studiendesigns ist, bleibt hingegen offen.

Referenzen

Amodio, D. M., Shah, J. Y., Sigelman, J., Brazy, P. C. & Harmon-Jones, E. (2004). Implicit regulatory focus associated with asymmetrical frontal cortical activity. Journal of Experimental Social Psychology, 40, 225-232.

Eddington, K. M., Dolcos, F., Cabeza, R., Krishnan, K. R. R. & Strauman, T. J. (2007). Neural correlates of promotion and prevention goal activation: An fMRI study using an idiographic approach. Journal of Cognitive Neuroscience, 19(7), 1152-1162.

 

Artikelbild auf der Grundlage eines Fotos von adel / pixelio.de