Interview mit Olivia Shepherd

Interview mit Olivia Shepherd

Wie man hier nachlesen kann ist es das erklärte Ziel dieses Blogs, den Begriff Neuromarketing mit Leben zu füllen. Hierzu ist es meiner Meinung nach auch notwendig, sich mit den Menschen auseinander zu setzen, die sich mit Neuromarketing in Deutschland beschäftigen. Einer dieser Menschen ist Olivia Shepherd, Blogger-Kollegin auf www.thinkneuro.de.

Discover-neuro.de: Hallo Olivia, erstmal vielen Dank dass du dich bereit erklärt hast dieses Interview zu führen. Beginnen möchte ich mit der wahrscheinlich schwierigsten Frage: Wie du ja weißt, ist Neuromarketing kein fest definierter Begriff – je mehr man darüber liest, desto mehr gewinnt man den Eindruck, unterschiedliche Menschen würden ganz unterschiedliche Dinge damit meinen. Wie würdest du “Neuromarketing” definieren?

Olivia Shepherd: Ja, definitiv gibt es hier viele verschiedene Definitionen und Erläuterungen. Persönlich sehe ich Neuromarketing als eine Erweiterung des klassischen Marketings. Die Erweiterung setzt sich dabei aus dem Wissen und den Beobachtungen der Neurowissenschaften sowie der Neuroökonomie zusammen.

DN.de: Durch eine Onlinerecherche in Vorbereitung auf dieses Interview bin ich auf den Seiten der NMSBA auf deinen Lebenslauf gestoßen. Du scheinst eine Menge praktischer Marketing Erfahrung zu haben. Wie bist du zum Neuromarketing gekommen?

OS: Zum Neuromarketing bin ich durch das Buch „Blink“ von Malcolm Gladwell gekommen. In diesem wurde u.a. über den altbekannten „Coca Cola-Pepsi“-Blindtest und das FACT (Facial-Action-Coding-System) geschrieben. Von da an war mein Interesse für Neuromarketing geweckt. Kurze Zeit später habe ich mir dann das Buch „Buyology“ von Martin Lindstrom gelesen. Spätestens an diesem Punkt war es für mich klar, dass ich mal im Bereich des Neuromarketings arbeiten will.

DN.de: Wenn ich die Anzeige der NMSBA richtig interpretiere, würdest du gern – neben deinem Blog – noch mehr im Bereich Neuromarketing tätig werden. Wenn du deine berufliche Zukunft frei aussuchen und gestalten könntest, wie sähe diese aus?

Olivia Shepherd

Olivia Shepherd

OS: Ich hätte meine eigen Firma oder Agentur und würde es mir so einrichten, dass ich mit einem Laptop in der Tasche durch die Welt reisen und gleichzeitig arbeiten kann ;-). Doch davor würde ich aber nochmal studieren und/oder eine Ausbildung machen. Dann aber im Bereich Neuromarketing und User Experience/Usability…

DN.de: Noch eine letzte Frage zum Thema Neuromarketing als Beruf: Wenn man sich ansieht, in wie vielen Ländern Neuromarketing erfolgreich eingesetzt wird und das mit Deutschland vergleicht, gewinnt man den Eindruck, dass hier noch eine Menge Potenzial vorhanden ist. Als jemand, der sich schon seit Jahren mit dem Thema beschäftigt: Wie siehst du die Chancen, dass sich neurowissenschaftlich fundierte Messdienstleistungen fürs Marketing in Deutschland durchsetzen?

OS: Stimmt sehr wohl! In Deutschland besteht noch sehr viel Potenzial. Vor allem wenn man an die Ausbildung von „Neuromarketeers“ denkt. Studiengänge oder Ausbildungen sind meines Wissens noch sehr rar. Zunehmend werden aber einzelne Vorlesungsblöcke zu dieser Thematik angeboten.

Was viele aber nicht wissen: In Deutschland nutzen schon sehr viele Unternehmen die Kenntnisse des Neuromarketings. Hierzu zählen viele Großkonzerne aber auch mehr und mehr kleinere Agenturen und Unternehmen. Allerdings wird hierrüber nicht viel gesprochen. Immerhin kann man sich so Wettbewerbsvorteile sichern. Je mehr der Wettbewerb weiß, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass kopiert wird. Demnach wird auch nicht wirklich über die Nutzung von neurowissenschaftlichen Kenntnissen zur Optimierung des eigenen Marketings gesprochen.

Siehe auch vorletzte Frage.

DN.de: Kommen wir zu einem anderen Thema, deinem Neuromarketing Blog www.thinkneuro.de. Wie bist du auf die Idee gekommen über Neuromarketing zu bloggen?

OS: Nun, als ich vor knapp 3 Jahren mit dem Blog angefangen habe, gab es keine Möglichkeit für mich, „Neuromarketing“ oder zumindest etwas was in die Richtung ging zu studieren. Also hab ich mir gesagt: „Gut, dann bringe ich mir es eben selbst bei“. Dabei wollte ich aber nicht nur ganz viele Bücher zum Thema Neuromarketing lesen. Ich wollte richtig was lernen. Da kam mir die Idee mit dem Blog.

Wenn ich mich nämlich intensiv mit etwas auseinandersetze und dann in einem Post noch darüber schreibe, dann ist der Lernfaktor deutlich höher als nur beim „Lesen“. Ich habe den  Blog dann als eine Möglichkeit zum „Selbststudium“ gesehen. Zudem hatte ich natürlich auch im Hinterkopf den Blog dann als „Referenz“ für mein Wissen auf dem Gebiet des Neuromarketings zu nutzen.

DN.de: Da ich selbst aufgrund meiner Ausbildung einen eher wissenschaftlichen Zugang zum Thema habe, findet man auf discover-neuro.de viele Besprechungen von wissenschaftlichen Ergebnissen und Artikeln – eben den Materialien, die mir in meinem Berufsalltag so über den Weg laufen. Woher nimmst du deine Inspirationen?

OS: Ich nehme diese überwiegend aus Büchern. Zum Thema Neuromarketing habe ich eine ganze Menge und es kommen immer mehr hinzu. Zudem habe ich einen „Neuromarketing“ Alert abonniert und schaue natürlich auch bei anderen Blogs/im Web nach interessanten Themen.

DN.de: Das erste mal bin ich auf deinen Blog gestoßen, als du über den fünften Neuromakreting Kongress in München berichtet hast. In deinem Review kann man erfahren, dass du quasi “auf Einladung” nach München gefahren bist. Wie kam es dazu?

OS: Nein, „auf Einladung“ war das nicht. Ich hatte angefragt, ob ich als Betreiberin des Blogs ThinkNeuro! evtl. einen Presseausweis bekommen könnte. Im Gegenzug würde ich dann selbstverständlich über den Kongress schreiben. Und dank des lieben Haufe-Teams habe ich dann auch einen Presseausweis bekommen.

DN.de: Mal angenommen ich bin Inhaber einer erfolgreichen Marketing Agentur oder Chef der Marketing Abteilung eines mittelständischen Unternehmens und interessiere mich für Neuromarketing. Mit welchen Fragen könnte ich mich vertrauensvoll an dich wenden?

OS: Hmm, mal überlegen. Sicherlich mit Fragen wie z.B. „Was ist Neuromarketing?“, „Wie entstehen (Kauf-) entscheidungen“?, „Wie kann ich mithilfe von Neuromarketing mein Produkt/Website optimieren“?,  „Warum sollte ich mich mit Neuromarketing auseinandersetzen?“,  „Was darf man sich nicht vom Neuromarketing erhoffen?“.

Es gibt aber bestimmt noch eine Reihe von weiteren Fragen mit denen man sich vertrauensvoll an mich wenden könnte. Das waren jetzt ist ersten Fragen die mir in den Kopf geschossen sind.

DN.de: Letzte Frage: Wir schreiben das Jahr 2023. Was macht Olivia Shepherd, wo steht thinkneuro.de und wie hat sich Neuromarketing in Deutschland entwickelt?

OS: Also in 10 Jahren bin ich Selbständig und berate Unternehmen/Agenturen im Hinblick auf ihre  Marketingaktivitäten und Unternehmenskommunikation. thinkneuro.de wird es dann sicherlich noch geben, allerdings nicht mit regelmäßigen Blogposts. Aus Zeitgründen komme ich bereits jetzt kaum noch zum Schreiben. Ich befürchte, dass das in 10 Jahren nicht besser sein wird.

Ich kann mir vorstellen, dass Neuromarketing dann deutlich etablierter ist und immer mehr Unternehmen/Agenturen ein besseres Verständnis dafür haben. Aber das Neuromarketing wie jede andere Form des Marketings betrachtet wird sehe ich eher skeptisch. Ich kann mir momentan nicht sich so wirklich vorstellen, dass das Neuromarketing einen so hohen Stellenwert wie z.B. in Amerika bekommt. Dies liegt aber wahrscheinlich auch an der teilweise schwierigen Messbarkeit des Neuromarketings und den damit verbundenen hohen Kosten. Es kann aber durchaus sein, dass sich in 10 Jahren einfache aber dennoch sehr gute Messverfahren etabliert haben die auch im Hinblick auf die Kosten von jeder größeren Firma/Agentur getragen werden können.

DN.de: Vielen Dank für das Interview und alles Gute für eine hoffentlich erfolgreiche Zukunft.

OS: Dankeschön. Das wünsche ich Dir auch!

 

Artikelbild auf der Grundlage eines Fotos von Rainer Sturm / pixelio.de