It's all about emotion! (Teil 1)

It’s all about emotion! (Teil 1)

Emotionen. Wenn man sich die Literatur zum Thema Neuromarketing ansieht, stößt man zwangsläufig früher oder später auf dieses Wort. In nahezu jedem Artikel wird betont, wie wichtig Emotionen fürs Marketing sind, dass Marketingmaßnahmen die Emotionen der Konsumenten ansprechen, die Konsumenten emotional erreichen müssen. Was ist damit gemeint? Höchste Zeit, sich dem Thema zu widmen.

Was sind Emotionen?

Als ich damit anfing, Psychologie zu studieren, wurde ich von einem meiner Professoren gewarnt: Psychologie ist die Wissenschaft, in der es genau so viele Experten gibt, wie Menschen auf dieser Erde leben. Schließlich weiß jeder selbst am besten, warum er tut, was er tut, warum er denkt, was er denkt, und warum er fühlt, was er fühlt. Jeder Mensch sieht in sich selbst einen Psychologen, und wenn man Ergebnisse präsentiert, die diesem Selbstbild widersprechen, sitzt das Auditorium voller Experten, die es besser wissen.

daniel stricker / pixelio.de

daniel stricker / pixelio.de

Allerdings ist es so gesehen auch sehr einfach für mich, über Emotionen zu schreiben. Wahrscheinlich hat jeder, der diesen Blog liest, ein intuitives Verständis dessen, was Emotionen sind. Angst ist eine Emotion. Freude. Trauer. Wut.

Wenn man versucht sich dem Thema streng wissenschaftlich zu nähern, hilft einem intuitives Verständnis leider nicht weiter. Deswegen versucht man möglichst genau zu definieren, wovon man spricht. Da aber, wie bereits angemerkt, jeder Mensch (und damit auch jeder Forscher) so ein bisschen seine eigene Meinung darüber hat, was Emotionen sind und was nicht, ist selbst die Fachliteratur zum Thema relativ unübersichtlich.

In einem viel beachteten Artikel aus dem Jahr 2010 ging Carroll Izard, einer der weltweit führenden Emotionsforscher, der Frage nach, was Wissenschaftler eigentlich meinen, wenn sie von Emotionen reden (Izard, 2010). Hierzu befragte er über 30 anerkannte Emotionsforscher, wie sie “Emotion” definieren würden, welche Funktion Emotionen erfüllen, wie sie aktiviert werden und welche Bereiche der Emotionsforschung zukünftig stärker in der Fokus gerückt weren sollten. Wie erwartet wurde in den Antworten keine einheitliche Definition gefunden, aber immerhin gab es ein paar Punkte, in denen sich die Mehrheit der Befragten (jedoch längst nicht alle!) einig war:

1. Emotionen bestehen aus neuronalen Systemen/Strukturen.

2. Emotionen dienen dazu, Handlungen/Aktionen und Kognitionen zu motivieren. Vor allem der letzte Punkt, nämlich dass Emotionen einen Wahrnehmungs-/Erkenntnisaspekt beinhalten, wurde in der Vergangenheit noch heftig diskutiert.

3. Emotionen gehen meist mit einem subjektiven Gefühl einher.

Der Begriff “Emotion” hat nach Izards Analysen in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung durchgemacht, geprägt von immer größerem Konsens. Die Meinungsübereinstimmungen beschränken sich zwar zunächst auf eher allgemeine Aussagen, wodurch der Begriff weiterhin (wissenschaftlich) schwer zu fassen bleibt. Es gibt aber immerhin eine Basis, auf der sich verschiedene Theorien in Beziehung zueinander setzen lassen, ohne dass man Äpfel mit Birnen vergleicht.

Kriterien einer guten Emotionstheorie

Wie ihr auf meiner “Über mich” Seite erfahren könnt, bin ich selbst (zum Teil) Emotionsforscher. Ich wage daher zu behaupten, dass ich mich – auch wenn ich kein international anerkannter Experte wie Carroll Izard bin – in der Materie ganz gut auskenne. Dies ist auch einer der Gründe dafür, dass ich das Thema Emotionen auf mehrere Beiträge aufspalte: Ein einzelner Beitrag reicht einfach nicht aus, um all das wiederzugeben, was ich sagen möchte. Ein zweiter noch viel wichtigerer Grund ist, dass Emotionen meiner Meinung nach eine der bedeutendsten Antriebsfedern des Menschen sind. Sie zu verstehen bedeutet den Menschen zu verstehen – oder im Fall von Marketingmaßnahmen den Kunden, bzw. sich selbst und die eigenen Entscheidungen.

Norbert-Höller / pixelio.de

Norbert-Höller / pixelio.de

Da dieser Blog aber ein Neuromarketing Blog und kein Emotions-Blog ist, kann und will ich natürlich keine Übersicht über alle existierenden Emotionstheorien geben, sondern mich auf die wichtigsten beschränken. Meine Wahl ist auf zwei Theorien gefallen, die mich auch in meinem wissenschaftlichen Alltag schon seit langem begleiten und die sich beide – obwohl sie inhaltlich sehr verschieden sind – vielfach bewährt haben.

- Beide Theorien wurden explizit und in großem Detail ausformuliert.

- Sie erklären nicht nur Daten und Effekte, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung bekannt waren, sondern sagen darüber hinaus Effekte voraus, die zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung noch nicht beschrieben wurden.

- Diese Vorhersagen wurden (zum Teil) geprüft und bestätigt, wobei unterschiedliche Methoden und unterschiedliche Stichproben verwendet wurden.

- Die theoretische Ausarbeitung und die empirische Überprüfung der Theorien erfolgte durch unabhängige Arbeitsgruppen mit SItz in zum Teil unterschiedlichen Ländern.

Warum Emotionen so wichtig sind

Die Emotionsforschung erlebt in den letzten Jahren eine Renaissance – und das nicht ohne Grund. Jeder weiß aus seinem Alltagserleben, dass Emotionen mit bestimmten Gefühlen einhergehen. Emotionen beeinflussen aber darüber hinaus auch auf ganz grundlegende Art und Weise unsere Wahrnehmung, unsere Aufmerksamkeit, unser Gedächtnis und unsere Präferenzen (für eine hervorragende Übersicht, siehe Dshemuchadse, 2009). Aufs Marketing bezogen bedeutet dies, dass jeder, der die Emotionen seiner Kunden nicht berücksichtigt, eine sehr einfache Möglichkeit ignoriert den Kunden direkt anzusprechen und im eigenen Interesse zu leiten.

In Berlin sagte mal ein bekannter Basketballer: “It’s all about emotion!”

Gleiches gilt unverändert und uneingeschränkt auch fürs Marketing.

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Emotionen sind eine der grundlegenden Antriebsfedern des menschlichen Verhaltens. Sie nehmen Einfluss auf alle grundlegenden kognitiven Prozesse des Menschen, weshalb es auch so wichtig ist Emotionen im Marketing zu berücksichtigen. Was genau unter einer Emotion zu verstehen ist und was eine gute Emotionstheorie auszeichnet versuche ich im Beitrag darzulegen.

Referenzen

Dshemuchadse, M. (2009). Einfluss von Stimmungen auf kognitive Parameter. Dissertationsschrift

Izard, C. E. (2010). The many meanings/aspects of emotion: Definitions, functions, activation, and regulation. Emotion Review, 2(4), 363-370.

 

Den zweiten Teil meiner Reihe zu menschlichen Emotionen findet ihr hier

Den dritten Teil meiner Reihe zu menschlichen Emotionen findet ihr hier

 

Artikelbild auf der Basis eines Fotos von Rainer Sturm / pixelio.de