Kaufabsicht geht einher mit Annäherungsmotivation

Kaufabsicht geht einher mit Annäherungsmotivation

Regelmäßige Leser dieses Blogs wissen, dass ein bestimmtes EEG Signal – die frontale alpha Asymmetrie – ein zuverlässiger Index für Annäherungsmotivation ist (siehe Briesemeister, Tamm, Heine & Jacobs, 2013). Sie wissen auch, dass einige Studien einen Zusammenhang zwischen Annäherungsmotivation und Kaufabsicht nahelegen (z.B. Ohme, Reykowska, Wiener & Choromanska, 2010, besprochen in diesem Beitrag).

Jetzt endlich ist dieser Zusammenhang auch experimentell bestätigt.

Eine Gruppe Norwegischer Wissenschaftler hat aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen direkt getestet, ob frontale alpha Asymmetrie systematisch variiert, wenn die Kaufabsicht von Probanden experimentell manipuliert wird. Hierzu präsentierten sie Probanden Bilder von unterschiedlichen Markenprodukten, bzw. lokalen Eigenmarken, die darüber hinaus unterschiedlich ausgepreist waren. Die Preisspanne reichte von 75% unter dem normalen Handelspreis bis 75% über diesem. Außerdem wurden nach der EEG Erhebung die Produktqualität und der Produktnutzen abgefragt.

Kaufabsicht beeinflusst die frontale alpha Asymmetrie

Ravaja, Somervuori und Salminen (2013) hatten vier konkrete Hypothesen, die sich allesamt direkt aus der Annahme eines Zusammenhangs zwischen Kaufabsicht und Annäherungsmotivation ableiten:

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Rainer Sturm / pixelio.de

1. Die linkshemisphärische frontale alpha Asymmetrie als Index von Annäherungsmotivation sollte unmittelbar vor einer Kaufentscheidung größer sein als danach – denn nach einem Kauf besteht ja keine Kaufabsicht mehr.

2. Die Kaufintention sollte größer sein, wenn der Preis für ein Produkt unter statt über dem üblichen Handelspreis liegt – und dies sollte sich auch im EEG zeigen.

3. National verfügbare Markenprodukte sollten (bei gleichem Preis) mit stärkerer Kaufintention/frontaler alpha Asymmetrie einher gehen, als Eigenmarken. Immerhin sind sie stärker mit Qualität assoziiert.

4. Produktqualität und -nutzen sollten ebenfalls mit der Kaufabsicht zusammenhängen – und somit Annäherungsmotivation auslösen.

Das experimentelle Paradigma, dem sie sich bedienten um diese Hypothesen zu prüfen, ist schnell erklärt:  Probanden bekamen 40 Euro, die sie für die während des Experiments präsentierten Produkte ausgeben mussten. Dann wurden ihnen nacheinander Abbildungen von insgesamt über 200 Produkten und deren Preise gezeigt. Nach jeder Präsentation mussten sich die Probanden mittels Tastendruck entscheiden, ob sie das Produkt zum angegebenen Preis kaufen wollten, oder nicht. Dann wurde nach einer kurzen Pause das nächste Produkt präsentiert.

Die Ergebnisse sind beeindruckend.

Wie erwartet zeigte die frontale alpha Asymmetrie vor einem Kauf einen Zusammenhang mit der Kaufeintscheidung, und zwar unabhängig von Marke, Produktkatergorie oder Preis. Allerdings blieb dieser Zusammenhang auch nach dem Kauf weiterhin bestehen. Wie weiterhin erwartet war dieser Zusammenhang besonders stark bei Preisen unter dem handelsüblichen Normalpreis.

Die Vorhersage eines stärkeren Zusammenhangs bei Markenprodukten im Vergleich zu Eigenmarken findet sich ebenfalls in den Daten wieder. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass dieser Effekt vor allem durch die höhere Qualitätserwartung getragen wird, die mit Markenprodukten im Vergleich zu Eigenmarken verbunden ist, denn sowohl wahrgenommene Qualität des Produkt als auch der Produktnutzen waren mit frontaler alpha Asymmetrie korreliert.

Damit wurden sämtliche Hypothesen, die sich aus der Annahme eines Zusammenhangs zwischen Annäherungsmotivation und Kaufabsicht ableiten, bestätigt.

Why go neuro…?

Rainer Sturm / pixelio.de

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Spätestens mit diesen Ergebnissen ist nun belegt, dass die Kaufintention eines Probanden eine Form der Annäherungsmotivation darstellt, welche wiederum mittels neurowissenschaftlicher Methoden zuverlässig und in Echtzeit gemessen werden kann. Dies ermöglicht Unternehmen schon vor Verkaufsstart eines Produktes zuverlässig die optimale Kombination aus Produktgestaltung, Verpackung, Werbung, Produktplatzierung und Preis zu bestimmen.

Was will man mehr?

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Im wissenschaftlichen wie unternehmerischen Neuromarketing wird davon ausgegangen, dass frontale alpha Asymmetrie, ein EEG Signal, das Annäherungsmotivation anzeigt, auch mit der Kaufabsicht eines Probanden variiert – immerhin sollte Kaufabsicht Annäherungsverhalten motivieren. Bislang wurde dieser Zusammenhang nur angenommen, doch mit der vorgestellten Studie ist die Messbarkeit von Kaufabsichten mittels EEG belegt.

Referenzen

Briesemeister, B. B., Tamm, S., Heine, A. & Jacobs, A. M. (2013). Approach the good, withdraw from the bad – A review on frontal alpha asymmetry measures in applied psychological research. Psychology, 4, 261-267.

Ohme, R., Reykowska, D., Wiener, D. & Choromanska, A. (2010). Application of frontal EEG asymmetry to advertising research. Journal of Economic Psychology, 31(5), 785-793.

Ravaja, N., Somervuori, O. & Salminen, M. (2013). Predicting purchase decision: The role of hemispheric asymmetry over the frontal cortex. Journal of Neuroscience, Psychology, and Economics, 6(1), 1-13.