Neuromarketing als „Big-Data-Bremse“

Neuromarketing als „Big-Data-Bremse“

In einigen Besprechungen und Terminen, ja sogar im Freundes- und Bekanntenkreis, höre ich immer wieder „Big Data, Big Data, Big Data…” Seit Jahren schon kreist dieser Begriff in den Köpfen der Marketingverantwortlichen und löst bei ihnen unterschiedlichste Reaktionen aus. Einige geraten dabei in „Goldgräberstimmung“, andere sehen darin unter anderem die Gefährdung des Datenschutzes. Jeden Tag werden Massen an Daten im World Wide Web generiert, wobei jeder Nutzer durch seine Klicks und Einträge digitale Spuren im Netz hinterlässt. Nach neuesten Erkenntnissen verschiedener Studien wachsen die Daten im Internet täglich um bis zu 2,5 Trillionen Byte an. Zum Vergleich: Das gespeicherte Datenvolumen wächst damit vier Mal schneller als die gesamte Weltwirtschaft…

Von der Datenflut profitiert vor allem das Marketing und es gilt die unstrukturierten Daten von Bildern, Tweets, Social Media Posts, vom Einkaufsverlauf (Customer Journey) usw. zu systematisieren. Doch lassen sich aus den Datenmassen von Big Data tatsächlich auch valide Erkenntnisse ziehen?

Grund genug dieser Frage in diesem Beitrag nachzugehen und Big Data dem Neuromarketing gegenüber zu stellen – und einen Vergleich zu ziehen…

Erhebung der Daten im Internet vs. Marktforschung mit Neuromarketing

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Quelle: I-vista / pixelio.de

Kommen wir erstmal zur netzbasierten Datenerhebung: Um die Flut an Big Data zu bändigen und die Daten zu filtern, braucht man geeignete Softwaretools. Die Auswahl an Lösungen ist groß und trotz ähnlicher oder gar gleicher Funktionen bin ich mir ziemlich sicher, dass man verschiedene Analyseergebnisse erhält, auch wenn ich nicht alle Tools kenne. Beispielsweise könnt ihr die Frequenz oder Verbreitung von Buzzwords untersuchen, Kommentare über euer Unternehmen analysieren und nach Interessen eurer Fans als potenzielle Kunden filtern und auf diese Weise vielleicht sogar einen Shitstorm verhindern. Es ist möglich auf relativ einfache und budgetschonende Weise schnell an Daten zu kommen.

Fragt sich nur, ob diese Daten verwertbar sind und ob sie erlauben eine maßgeschneiderte Marketingstrategie zu entwickeln.

Etwas anders sieht es aus, wenn Daten mit den Methoden des Neuromarketings erhoben werden. Die Validität der Daten und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen sind empirisch untersucht und belegt. Es gibt jedoch einige Aspekte zu beachten: Zum Beispiel muss festgelegt werden, welche Neuromarketingmethode bei der Beantwortung welcher Fragen anzuwenden ist und welche Einflüsse gegebenenfalls auf die Probanden eingewirkt haben. Außerdem muss natürlich empirisch erwiesen sein, dass mit der angewandten Methode verlässliche Handlungsempfehlungen erwartet werden können.

Und nun zum eigentlichen Vergleich zwischen Big Data und Neuromarketing…

Bei der Ableitung von Schlussfolgerungen aus der Analyse von Big Data können beispielsweise bestimmte Keywords herangezogen werden. Eine direkte Ursachensachenforschung zwischen Situation, Keyword und Wirkung kann jedoch nur schwierig bis gar nicht abgebildet werden – zu groß sind die möglichen Einflussfaktoren. Das heißt, dass es nahezu unmöglich ist herauszufinden, warum gerade dieses Keyword auf Platz 1 der Analyse steht. Neuromarketing geht hingegen Hypothesen testend vor und kann dadurch Ursachen für Marketingschwierigkeiten direkt an der Wurzel analysieren und sehr konkret abbilden.

Tim Reckmann_pixelio.de

Quelle: Tim Reckmann / pixelio.de

Eine Stufe tiefer gedacht, kann man mit Neuromarketing also unter anderem die emotionale Ansprache der Zielgruppe messen sowie anschließend optimieren. Vor allem können ganz gezielt die Kundenbedürfnisse abgetestet und dadurch erkannt werden. Egal ob es dem Kunden bewusst ist oder nicht, mit Methoden des Neuromarketings wie EEG oder fMRT kann sukzessive untersucht werden, wie groß der Einfluss verborgener Handlungsmotive auf das Kaufverhalten ist. Big Data hingegen ist eher rückwärtsgewandt und beruht auf bereits bestehenden Daten.

Ein Beispiel: Das iPad hätte es nie bis zur Marktreife gebracht, ohne validierte Marktforschungsmethoden. Es wurde ohne Big Data erfunden.

Wie bringt es der Saatchi-&-Saatchi-Chef Christian Rätsch auf den Punkt: „Big Data ist eine Innovationsbremse.“

Ich könnte euch jetzt noch weitere Vorteile des Neuromarketings gegenüber Big Data aufzählen. Keineswegs möchte ich Big Data schlecht reden, denn es hat ebenso seine Berechtigung im Marketing wie jede andere Marktforschungsmethode. Ich will euch nur dafür sensibilisieren weiter zu denken und aufzeigen, dass es wohl nicht ausreicht, die eigene Marketingstrategie lediglich auf einer Big-Data-Analyse aufzubauen. Die Marktforschungsziele von Neuromarketing bremsen deswegen eure Euphorie für Big Data sicherlich aus. So gesehen wird Neuromarketing zur „Big-Data-Bremse“…

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Auf den Social Buzz  kann man hören, wenn über einem im Netz geredet wird oder die Produkte im Markt sind. Mit Neuromarketing ist es hingegen möglich, ein tieferes Verständnis für Kunden und den Markt zu bekommen. Letztendlich ist es eine Frage des Ziels, ob Big Data oder Neuromarketing nutzenstiftender ist.