Neuromarketing als „Produktgestalter“ in der Produktpolitik

Neuromarketing als „Produktgestalter“ in der Produktpolitik

Wie gewohnt, möchte ich wieder mit einer kurzen Geschichte einsteigen und euch zeigen, an welchen Stellen Marketing und Neuromarketing zusammentreffen. Durch meinen Marketingbackround fallen mir Dinge auf, die der ein oder andere womöglich so gar nicht wahrnehmen würde oder die ihm gar nicht erst auffallen. Manchmal lasse ich mich gern durch meine Gedanken leiten, gerade im stationären Einzelhandel. Denn als ich einen Einzelhandelsdiscounter betrat und zur Obsttheke gehen wollte, fiel mir auf, dass einige der Früchte geschimmelt waren oder einfach nur lieblos hingelegt wurden. Aber gut, von diesem „Billig-Discounter“ hätte ich auch nichts anderes erwartet… Nun gut, davon ließ ich mich nicht beeindrucken und setzte meine Tour fort. In der Tiefkühlabteilung angekommen, überschlugen sich dann die Angebote und ich wusste überhaupt nicht richtig, für welches Produkt der Angebotspreis nun galt. Gern gebe ich für Konsumgüter und damit Essen etwas mehr aus, aber nur wenn sie frisch aussehen und auch so präsentiert werden.

Auf die gleiche Weise habe ich aber auch einen teuren Retailer getestet und dort Produkte des täglichen Bedarfs gekauft. Ein positives Beispiel, denn alles war picobello sauber, es roch gut, das Obst sah zum Reinbeißen aus und im Hintergrund dudelte noch Musik. Ein wahrer Genuss für die Sinne, auch wenn die Produkte dort etwas teurer waren. So macht das Einkaufen doch Spaß und wird zum Erlebnis.

Und wo ist die Brücke zum Neuromarketing?

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Katharina Wieland Müller / pixelio.de

Diese Einstiegsgeschichte dreht sich um die Produktpolitik und damit um das letzte der vier Ps im Marketingmix. Die Produktpolitik ist die „Königsdisziplin“ im Marketing, die Produkte definiert, welche dem Kunden angeboten werden sollen. Dabei können die Begriffe Produkt und Dienstleistung synchron verwendet werden, sie unterschieden sich nur in ihren Eigenschaften: Ein Produkt ist tangibel und damit „anfassbar“, während eine Dienstleistung intangibel ist. Ziel ist es letztendlich, mit den Produkten die Kundenbedürfnisse zu treffen und zu befriedigen. Beispielsweise geht es um das Produktdesign, die Produktpräsentation und vor allem um das eigentliche Produkt, wie dieses beschaffen ist und was es auszeichnet.

In diesem Artikel möchte ich euch vorstellen, an welcher Stelle in der Produktpolitik neurowissenschaftliche Messmethoden zum Einsatz kommen und ansetzen können.

„Inhalte werden schnell vergessen. Doch der emotionelle Eindruck guten Designs bleibt stabil.“ (Wolfgang Beinert)

Schon Anfang der Achtziger erkannte Steve Jobs, dass das Produktdesign das A und O eines vollkommenen Produktes ist. Je nachdem, um was es sich für ein Produkt handelt und in welcher Branche. Ein schönes Beispiel dazu ist die Gestaltung von Parfümflaschen. Ich würde mal die Hypothese aufstellen, dass man anhand der Form und des Designs der Flasche schon ziemlich genau weiß, ob es sich um ein günstiges oder teures Parfüm handelt. Oder was meint ihr? Gerade in der Parfümerie gilt es, sich mit einem ansprechenden Flaschendesign und dem darin enthaltenen Duft abzugrenzen. Hierbei kann das Neuromarketing wunderbar herangezogen werden und bei den Probanden kann mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) untersucht werden, welche Hirnareale angesprochen werden und wie die Konsumenten folglich auf die Parfümflasche reagieren.

Denn wer kauft schon ein teures Parfüm, wenn es zwar gut riecht, aber die Flasche einen auf den ersten Blick nicht anspricht. Das Auge „isst“ eben mit…

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siepmannH / pixelio.de

Im stationären Einzelhandel können genauso der Ladenaufbau und damit die Produktplatzierung überprüft werden. In einem Feldversuch haben wir herausgefunden, dass wenn der Konsument das Produkt in der Hand hat und dieses länger betrachtet, die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass er dieses tatsächlich kauft. Unter Einbezug von Eye-Tracking konnten wir zudem zeigen, dass Preisschilder, Angebote etc. falsch platziert waren und vom Kunden kaum bis gar nicht wahrgenommen wurden. Verschenktes Potenzial, wie ich finde… Ferner kann mit dem EEG-Messgerät neurowissenschaftlich gemessen werden, wie die der Konsument die Produktdarstellung im Prospekt empfindet und ob ihn dies zum Kauf motiviert.

Analog zum Produkt können bei der Messung der Qualität einer Dienstleistung die gleichen neurowissenschaftlichen Messmethoden im Rahmen der Produktpolitik zum Einsatz kommen. Lediglich die Herangehensweise ist eine andere, weil das eigentliche Produkt die Dienstleistung ist. Ein Beispiel: Wenn man die Dienstleistungsqualität des Frisörs messen will. Denn beim Frisör ist das Produkt die Frisur und die eigentliche Dienstleistung ist das Haareschneiden. Vor der Durchführung einer Neuromarketingstudie sollte daher klar sein, was eine gute Dienstleistung auszeichnet, um messbare Kriterien zu haben. Ehe dann das Forschungsziel formuliert wird, worauf besonders Wert gelegt werden soll.

Ich denke und hoffe, dass ich euch damit einen kurzen Überblick über die vier Ps im Marketingmix geben konnte und wo Ansatzpunkte im Neuromarketing liegen. Ihr müsst für euch nur entscheiden, an welcher dieser vier Marketingstellschrauben gedreht werden soll, um mithilfe neurowissenschaftlicher Messverfahren eine Balance zwischen den Ps herzustellen.

Im nächsten Beitrag geht es dann um… Seid gespannt! :-)

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Stichworte wie Produktplatzierung und Produktwahrnehmung sind nur Auszüge von vielen Messindikatoren in der Produktpolitik, die mit dem Neuromarketing gezielt optimiert werden können. Denn ein qualitativ gutes Produkt bildet die Basis für Maßnahmen der Kommunikations-, Preis- sowie Vertriebspolitik und sollte vor Produkteinführung genau durchdacht werden.