Das war der Neuromarketing Kongress 2015

Das war der Neuromarketing Kongress 2015

“Satisfaction” war das Thema des Neuromarketing Kongress 2015. “Zufriedenheit”. Frei nach dem Motto, nur ein zufriedener Kunde ist ein guter Kunde – denn nur, wenn er zufrieden ist, kommt er auch ein zweites mal. Aber wie stellt man Kunden zufrieden? Wie kann man Kundenzufriedenheit überprüfen und vor allem: Reicht es, den Kunden zufrieden zu stellen? Sollte man nicht viel mehr versuchen, ihn zu positiv zu überraschen, seine Erwartungen zu übertreffen?

Es waren Fragen wie diese, die auf der Agenda standen.

Und vorneweg sei gesagt, es war wie schon im letzten Jahr ein höchstprofessioneller Rahmen, in dem nach Antworten gesucht wurde.

Vortrag 1: Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer über Belohnung – Glück – Zufriedenheit

Der Name Manfred Spitzer steht in Deutschland für Kontroverse, für zum Teil unpopuläe Meinungen, aber auch für Wissenschaft auf hohem Niveau. Zu Beginn seines Vortrags zeigt er eindrucksvoll, dass das berühmte “Sender – Kanal – Empfänger” Modell vielleicht mal für das Telefon galt (für das es auch entwickelt wurde), aber nie für den Menschen. Das Gehirn arbeitet anders. Kommunikation funktioniert am besten, wenn wir schon wissen, was unser Gegenüber sagen möchte. Und unser Gehirn verändert sich durch Kommunikation.

IMG_7679Der Orbitofrontalkortex, beispielsweise, der auch im Neuromarketing eine wichtige Rolle spielt, bildet mehr Neuronen aus, wenn wir ein großes soziales Netz haben. Nutzung sozialer Netze hat diesen Effekt nicht. Ein Umstand, der Herrn Spitzer dazu verleitete deutlich auf die Gefahren von Smartphones und Facebook hinzuweisen. Soziale Netzwerke ermögichen den permanenten, unkontrollierbaren Vergleich mit anderen. Und soziale Vergleiche machen selten glücklich.

Wenn wir von Glück reden – auch im ökonmischen Kontext – dann, so Spitzer, reden wir vom Nucleus Accumbens, dem Belohnungserwartungszentrum des Gehirns. Konsum, oder vielmehr die Erwartung von Konsum, machen jedoch nur kurz glücklich. Und danach nicht mehr.

Vortrag 2: Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel zum Thema Glücksforschung – worauf es im Leben wirklich ankommt

Auch der zweite Votrag fiel in die Kategorie “Grundlagen über Ökonomie und Glück”. Herr Prof. Ruckriegel machte erneut deutlich, dass Glück nicht vom Einkommen und Geld abhängt – zumindest nicht, wenn man genügend Geld hat um seine Grundbedürfnisse zu befriedigen. Vielmehr treten Gewöhnung und soziale Vergleiche an die Stelle der Zufriedenheit – und damit Unzufriedenheit. Sein Rat: Man sollte sich etwas Schönes nicht gönnen, weil man es sich leisten kann, sondern lieber darauf verzichten und somit den Status der Besonderheit beibehalten.

Seine zentrale Aussage aus meiner Sicht: “Einkommen ist ein Mittel zum Zweck. Kein Selbstzweck.”

Vortrag 3: Dr. Kai Fehse kriegt den Bogen zum Neuromakreting mit dem Thema NeuroEmotional Satisfaction – Mit anderen Worten Vergnügen

Der erste Vortrag des Neuromarketing Kongress 2015, der aus meiner Sicht deutliche Praxirelevanz fürs Marketing hat, betont zunächst, dass “Emotionalisierung” im Marketing etwas anderes meint als in der Psychologie. Im Marketing scheit es zu heißen: Emotionen zeigen.

Dabei sollte es viel mehr darum gehen, Emotionen beim Zuschauer zu wecken. Wie in diesem Spot:

Herr Dr. Fehse hat zwar eine für meinen Begriff etwas zu enge Definition von Emotionen… aber inhaltlich kann man ihm nur Recht geben.

Vortrag 4: Norbert Wittmann zur Frage Warum auch die alt-bewährten Dinge begeistern und glücklich machen

Dem Limbic Ansatz der Gruppe Nymphenburg folgend erklärt Herr Wittmann, dass es manchmal wichitg ist, nicht zu viel zu ändern. Vertrautheit und vor allem Nähe sind wichtige Faktoren bei der Wahl eines Ladens. Zudem betont er, dss es einem erfolgreichen Unternehmen nicht darum gehen sollte, Erwartungen zu erfüllen, sondern darum sie überzuerfüllen. Denn glückliche Kunden kaufen bis zu 10% mehr.

Um dies zu gewährleisten, sollten aber weniger die Produkte, als viel mehr die Erlebnisse im Vordergrund stehen. Zu viel Produktauswahl ist nur verwirrend – ein gutes (Einkaufs-)Erlebnis wirkt jedoch nachhaltig positiv.

Vortrag 5 auf dem Neuromarketing Kongress 2015: Wolfgang Langmeier von Jochen Schweizer

Wie man Erlebnisse schafft und ins Zentrum des eigenen Geschäftsmodells stellt, zeigt das Unternehmen von Jochen Schweizer. Herr Langmeier, Geschäftsführer des Unternehmens, zeigt eindrucksvolle Beispiele und endet mit dem Fazit, dass all das nicht möglich wäre, wenn es nicht ein “reason why” gäbe. Jedes Unternehmen sollte sich klar machen warum es das tut, was es tut. Und seine Handlungen daran ausrichten.

Vortrag 6: Prof. Dr. Andreas Herrmann zum Thema Nudge your Customers – Entscheidungszufriedenheit verbessert Produktzufriedenheit

Herr Prof. Herrmann ging ein wenig auf die Grundlagen von Entscheidungen ein – und darauf, welche Faktoren Entscheidungen beeinflussen. Zum Beispiel zeigte er auf, dass wir dazu tendieren mittlere Preise zu bevorzugen, wenn wir nicht genau wissen, was ein Produkt eigentlich wert ist. Werden Vorhängeschlösser beispielsweise für 2 bis 8 Euro angeboten, verkaufen sich die Schlössen für 4 bis 6 Euro am besten. Ändert sich die Preisspanne, ändert sich auch die Zahlungsbereitschaft – trotz gleichen Produkts.

Entscheidungen sind aber auch immer eine Frage des Defaults, wie internationale Vergleiche beim Organspenden zeigen. Vor allem: Je mehr Entscheidungen wir treffen müssen, umso mehr neigen wir dazu einfach das zu nehmen, was voreingestellt ist. Entscheidungen sind ressourcenintensive Prozesse, die unserem Hirn einiges an Leistung abverlangen. Wichtig dabei: Je zufriedener wir mit einer getroffenen Entscheidung sind, desto zufriedener sind wir auch mit dem Produkt.

Herr Herrmann plädiert daher dafür, mehr wert zu legen auf Entscheidungsunterstützungssysteme.

Vortrag 7:  Dr. Kerstin Hoffmann zum Thema Digital Satisfaction – Der Weg vom glücklichen Kunden zum überzeugten Markenbotschafter

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Dr. Kerstin Hoffmann auf dem Neuromarketing Kongress 2015

Den Vortrag von Frau Dr. Hoffmann kann man glaube ich ganz gut in drei Sätzen zusammenfassen. Erstens: Investiert in euren digitalen Auftritt. Zweitens: Macht es richtig, nicht nebenbei, nicht mal eben so, nicht halbherzig. Und drittens: Macht es jetzt!

“Kommunikation kann nicht leisten, was das Unternehmen nicht hergibt”, diesen Satz werde ich mir lange merken. Die digitale Stratgie muss auf das Unternehmen passen, muss dieses ideal ergänzen. Nur dann werden aus Usern Käufer oder zumindest Empfehler.

Vortrag 8: Dr. Claudio Felten mit dem Thema Satisfaction und dann? Wie Unternehmen mit dem NPS den Kunden als Motor für Wachstum nutzen.

Ich hoffe ich tue Herrn Dr. Felten nicht unrecht, wenn ich seinen Vortrag wie folgt zusammenfasse:

1. Zufriedene Kunden empfehlen das eigene Unternehmen weiter, deswegen ist Zufriedenheit wichtig. Aber eigentlich geht es um Loyalität.

2. Jedes Unternehmen sollte sich aktiv darum bemühen, die Loyalität seiner Kunden zu steigern.

3. Alles, was es dazu braucht, ist die Frage danach, ob ein Kunde das Unternehmen weiter empfehlen würde (Skala 1-10), und warum. Von denen, die 9 oder 10 ankreuzen, lernt man, was man richtig macht. Von denen, die 1-6 ankreuzen, lernt man, was man verbessern muss.

Und dann muss man es nur noch umsetzen (was der wahrscheinlich schwierigste Part ist).

Vortrag 9: Dr. Nico Rose über die Lizenz zur Zufriedenheit

Dr. Rose ist Experte auf dem Gebiet der positiven Psychologie – also jenem Bereich der Psychologie, der sich nicht damit beschäftigt, wie man aus kranken Menschen gesunde Menschen macht, sondern damit, wie man aus gesunden Menschen glückliche Menschen macht. Ihm wurde die Ehre des letzten Vortrags auf dem Neuromarketing Kongress 2015 zuteil.

Diesen nutzt er, um die fünf Elemente des Wohlbefindens nach Seligman, einem der Begründer der positiven Psychologie, vorzustellen. Im einzelnen sind dies:

  • Positive Emotionen — negative Emotionen sind wichtig, um uns auf Probleme und Misstände aufmerksam zu machen, aber wir brauchen positive Emotionen um zu wachsen.
  • Engagement — Wenn wir es schaffen, dass unsere Fähigkeiten optimal gefordert werden, arbeitet es sich am besten (flow).
  • Relationships — other people matter. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen. Unterschätze niemals die Wichtigkeit anderer Personen.
  • Meaning — Wenn das, was wir machen, eine Bedeutung für uns hat, machen wir es gern.
  • Achievement — Klar, jeder erreicht lieber etwas, als nichts zu erreichen.

Wer sich für positive Psychologie im Alltag interessiert, dem sei an dieser Stelle nochmals meine gute Freundin, die glücksdetektivin empfohlen.

Und das war’s vom Neuromarketing Kongress 2015. Ich freue mich aufs nächste Jahr. Mal sehen, welches Thema dann auf der Agenda steht…

Die Foliensätze zum diesjährigen Kongress gibt es in kürze hier.