Neuromarketing und die Kunst der „Promi-Werbung“

Neuromarketing und die Kunst der „Promi-Werbung“

Nicht nur als Kind, sondern auch noch als Erwachsener hat man seine Superhelden, die man bewundert und die für einen Vorbilder sind. Ich kann mich zum Beispiel noch genau an die Dr.-Best-Werbung mit dem Arzt im weißen Mantel erinnern, der eine Zahnbürste und eine rote Tomate in der Hand hält. Oder der Klassiker, Thomas Gottschalk und die Goldbären.

Vorstellung FeithEin aktuelles Beispiel ist gerade der Coke Zero-Spot mit Manuel Neuer als Testimonial. Der virale Spot zeigt ihn als Softwareprüfer im Büroambiente. Der Spaß am Spiel fesselt den Betrachter und stellt die Lichtgestalt Neuer nicht übertrieben dar, was den Zuschauer teilhaben lässt.

Testimonials sollten bewusst ausgewählt werden

Ein bekanntes Gesicht für sein Unternehmen zu finden und für eigene Werbezwecke einzusetzen, ist gleichermaßen verführerisch wie schwierig. Testimonials als Markenbotschafter sind in der Werbung nicht unumstritten, weil ein Abgleich zwischen der Marke und der Person stattfinden muss, um die Aufmerksamkeit des Konsumenten auf sich zu ziehen und seine Werte anzusprechen. Immerhin spricht der prominente Werbeträger Empfehlungen für das unternehmenseigene Produkt öffentlich aus und das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Bevor man ein Testimonial für sich einsetzt, ist man gut beraten, auf folgende Fragen eine Antwort zu finden: Wie ist sein/ihr Image und passt dieses zur eigenen Markenstrategie? Und vor allem spricht man damit die definierte Zielgruppe an?

Dies sind wohl die Königsfragen. Aber auch die Frage nach der Glaubwürdigkeit des Markenbotschafters und ob er aktuell in aller Munde ist, sind wichtig. Kunden fragen sich nämlich in erster Linie, warum eine berühmte Person gerade für diese Marke wirbt. In der Regel lautet die Antwort, was klar wie Kloßbrühe ist: Auch Prominente leben eben nicht von Luft und Liebe.

Neuromarketing kann den Spot und die Plakate mit den Testimonials untersuchen

Quelle: Thorben Wengert  / pixelio.de

Quelle: Thorben Wengert / pixelio.de

In Abhängigkeit des zu bewerbenden Produktes und des Werbeziels muss entschieden werden, welche Art von Person zum Einsatz kommen soll, egal ob prominent oder unbekannt. Will man beispielsweise seinen Bekanntheitsgrad steigern, nimmt man eher prominente Personen aus Film, Funk und Sport.

Hier ein paar Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von Testimonials

Mir ist aufgefallen, dass in letzter Zeit immer mehr Automarken mit Popstars werben. Zum Beispiel VW mit Robbie Williams, der als neuer Marketingchef angetreten ist. Aber ob er oder Helene Fischer als weiteres Testimonial des Konzerns VW aus der derzeitigen Krise helfen und Kunden wieder positiv stimmen können, bleibt abzuwarten. Denn berühmte Testimonials wirken nicht nur (hoffentlich) positiv auf die beworbene Marke, Skandale von Unternehmen färben ebenso auf das Image der prominenten Fürsprecher ab, wie eine aktuelle Studie zeigt. Markenbotschafter sollten sich also ebenfalls genau überlegen, für welches Unternehmen sie zukünftig werben.

Wolfgang Joop ist derzeitig auf den aktuellen Galeria-Kaufhof-Plakaten zu sehen und soll als Einkaufsberater fungieren. Er trägt eine knautschige Lederjacke mit Falten und erinnert nicht gerade an einen jungen Hipster oder Modejunkie. Der Modeschöpfer vermittelt eher das Bild eines stylisch wirkenden Opas und sieht dazu noch jünger aus als vor 20 Jahren. Jeder mag denken wie er möchte, aber diesen Eindruck erweckt die Werbung zumindest bei mir.

Es gibt aber auch Werbung, auf denen „normale Frauen“ als Markenbotschafter zu sehen sind, wie Dove eindrucksvoll beweist. Man sollte also nicht immer nur Werbung mit Prominenten machen, sondern sich lieber fragen, was man mit ihnen in der Werbung erreichen möchte.

Wo nun genau Neuromarketing bei der Werbung mit Testimonials ansetzen kann, stellt euch Benny vor.

- Eine Neuro-Ergänzung von Benny B. Briesemeister

Wie Mathias schon ganz richtig bemerkte, sind beim Einsatz von Testimonials verschiedene Dinge zu berücksichtigen. Aus meiner Sicht sind es vor allem drei Fragen, bei denen die Methoden und Erkenntnissen der Neurowissenschaft wertvolle Erkenntnisse liefern:

Vorstellung Briesemeister1. Passt das Testimonial zur Marke?

Die Passung zwischen Promi (oder nicht-Promi) und Marke kann mittels eines impliziten Assoziationstests überprüft werden. Hierbei macht man sich die Prinzipien des Primings zunutze. Sind die neuronalen Netze, die an der Verarbeitung der Marke beteiligt sind, überlappend mit denen des Testimonials, findet eine schnellere Verarbeitung statt, als wenn dies nicht der Fall wäre – und das wiederum kann als eine weitgehende Übereinstimmung der jeweiligen Werte interpretiert werden.

2. Erhöht der Einsatz des Testimonials den Werbeeffekt?

Berühmtes Testimonial gleich bessere Werbung? Nicht zwangsläufig!
Wie gut die Werbung ist, kann entweder mittels fMRT und einer Untersuchung in den Belohnungsnetzwerken getestet werden, oder, wie schon vielfach berichtet, über eine EEG Untersuchung der Annäherungsmotivation. Die EEG Variante hat den Vorteil, dass genau geschaut werden kann, ob sich in den Szenen, in denen das Testimonial zu sehen ist, die Werbeeffektivität erhöht, oder nicht.

3. Färbt das Testimonial auf die Marke ab (und nicht nur umgekehrt)?

Um diese sehr wichtige Frage zu beantworten, bedarf es eines etwas komplexeren Untersuchungsdesigns. Nicht selten ist beim Einsatz von Testimonials das Problem, dass der werbende Promi alle Aufmerksamkeit auf sich zieht und die Marke untergeht. Man nennt dies in der Psychologie auch einen “Vampir-Effekt”.
Um herauszufinden, ob die Marke vom Testimonial profitiert, ist ein Pre-/Post-Test notwendig. Zeigt man möglichen Kunden zunächst das Markenlogo, dann die zu testende Werbemaßnahme und dann erneut das Markenlogo, kann man die beiden Expositionen mit dem Markenlogo direkt vergleichen. Das zweite mal sollte es deutlich positiver wahrgenommen werden – wenn nicht, spricht dies für einen Vampir-Effekt.

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Der Einsatz von Testimonials kann gewinnbringend sein – vorausgesetzt, die Werte des Testimonials stimmen mit denen der Marke überein und es findet tatsächlich ein Transfer zwischen Testimonial und Marke statt. Mittels Neuromarketing können die wichtigsten Probleme frühzeitig erkannt und gezielt behoben werden. So steht einem erfolgreichen Testimonial-Einsatz nichts im Wege.