Promotion und Prevention im Gehirn

Promotion und Prevention im Gehirn

Manche Menschen richten ihre Handlungen strategisch darauf aus, möglichst viele positive Erfahrungen im Leben zu machen. Wenn sie sich zwischen zwei Optionen entschieden müssen, fragen sie sich, welche der beiden ihnen den größeren Nutzen bringt – und wählen diese. In der englischsprachigen Fachliteratur sagt man auch, ein promotion system würde die Handlungen dieser Menschen leiten – und natürlich gilt das auch für ihr Einkaufverhalten.

Andere Menschen versuchen im Gegensatz dazu, strategisch jeden Schaden zu vermeiden. Wenn sie zwischen zwei Optionen wählen müssen, entscheiden sie sich für die weniger gefährliche. Man spricht hier von einem prevention system, das das Verhalten steuert.

Promotion und Prevention sind zwei grundlegende, aber gegensätzliche Verhaltenstendenzen. Laut Theorie dominiert bei jedem Menschen eines der beiden Systeme, weswegen Marketer Kaufentscheidungen relativ gut vorhersagen und beeinflussen könnten, wenn sie das dominante System ihrer Kunden kennen würden.

Grund genug mal zu untersuchen, welche neuronalen Prozesse Promotion und Prevention zugrunde liegen.

Promotion und Prevention = Annäherungs- und Vermeidungsmotivation?

Für gewöhnlich werden die Neigungen von Menschen zu Promotion und Prevention durch Fragebögen oder einfache Verhaltensexperimente erfasst. Eine Forschergruppe der University of Wisconsin stellte jedoch die Hpyothese auf, dass ein Promotionsfokus mit einer grundsätzlichen Verhaltenstendenz zur Annäherung an Dinge einhergehen sollte, während ein Preventionsfokus eine Vermeidungstendenz auslösen sollte. Unabhängig vom Kontext.

Die Motivation zu Annäherungs- und Vermeidungsverhalten ist neurowissenschaftlich gut untersucht und geht mit einem charakteristischen Signal im EEG einher. Vielleicht, so die Annahme von David M. Amodio und Kollegen (2004), unterscheiden sich Menschen mit Promotions- und Preventionsfokus in genau diesem neuronalen Signal. Und diese Hypothese überprüften sie.

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Promotion und Prevention, oder: Ist Vorsicht besser als Nachsicht?
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Zunächst wurde jeder der 19 Probanden gebeten insgesamt vier Worte zu nennen, die persönliche Ideale darstellen, sowie vier Worte, die persönliche Pflichten beschreiben. Diese Worte sollten das Promotions- und Preventionssystem aktivieren und wurden fortan mit weiteren Worten, die Ideale und Pflichten von Feuerwehrleuten, Medizinern, Athleten und Lehrern beschreiben, im Rahmen einer lexikalischen Entscheidungsaufgabe verwendet. Hierbei werden Versuchspersonen einzelne Buchstabenfolgen (z.B. “EHRLICHKEIT”, oder “KLARGTEIT”) präsentiert und die Probanden müssen so schnell wie möglich und so richtig wie möglich entscheiden, ob es sich bei der Buchstabenfolge um ein korrektes Wort handelt oder nicht.

Probanden mit Promotionfokus sollten stärker auf Ideale reagieren und diese daher schneller als Wörter erkennen, so die Annahme der Autoren. Probanden mit Preventionsfokus sollten hingegen Pflichten am schnellsten als Wörter erkennen.

Zusätzlich wurde in einer separaten Sitzung das EEG der gleichen Probanden erhoben, um die mit Annäherungs- und Vermeidungsmotivation assoziierte frontale alpha Asymmetrie erfassen zu können. Mehr über die frontale alpha Asymmetrie und ihre Bedeutung findet ihr hier (Studie zur Vorhersagekraft), hier (Einsatz des Maßes für Wahlwerbung), hier (Berechnung der Zuverlässigkeit) und hier (Einsatz in der Werbung).

Die Ergebnisse und deren Bedeutung fürs Marketing

Amodio und Kollegen (2004) fanden relativ deutliche Effekte, die einen Zusammenhang zwischen frontaler EEG Aktivität in der linken Hemisphäre, bekannt aus Studien zur Annäherungsmotivation, und einem Promotionsfokus, sowie zwischen frontaler EEG Aktivität in der rechten Hemisphäre, bekannt aus Studien zur Vermeidungsmotivation, und einem Preventionsfokus nahelegen. Das Besondere: Die EEG Aufnahme erfolgte ohne externe Stimulation bei vollständiger Ruhe des Probanden. Dies spricht dafür, dass es tatsächlich eine innere Grundeinstellung, eine zeitlich stabile Prädisposition ist, die erfasst wurde, vollkommen unabhängig vom Objekt, auf das sich diese Motivation beziehen könnte.

Fürs Marketing bedeuten diese Ergebnisse, dass es nicht den Kunden gibt, sondern dass Kunden auf unterschiedliche Reize reagieren. Promotion und Prevetion zeigen, dass es manchen Kunden wichtig ist zu sehen, wie ein Produkt ihr Leben bereichert, während andere vor allem negative Folgeerscheinungen vermeiden wollen. Dies erinnert nicht nur an bekannte Emotionstheorien, es ist auch im Einklang mit der Funktionsweise des menschlichen Gehirns.

Findet heraus, worauf ihr beim Kauf achtet oder was euren Kunden wichtig ist. Nur wer den regulatorischen Fokus seiner Kunden berücksichtigt, kann ihn optimal ansprechen…

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Promotion und Prevention sind zwei grundlegende Verhaltenstendenzen, die laut Theorie mit Annäherungs- und Vermeidungsmotivation einhergehen. Amodio und Kollegen (2004) konnten nun nachweisen, dass auch das Hirn in Form von frontalen Aktivitätsasymmetrien stabile Promotions- und Preventionsfoki zeigt. Diese gilt es im Marketing zu berücksichtigen, will man seine Kunden optimal ansprechen.

Referenzen

Amodio, D. M., Shah, J. Y., Sigelman, J., Brazy, P. C. & Harmon-Jones, E. (2004). Implicit regulatory focus associated with asymmetrical frontal cortical activity. Journal of Experimental Social Psychology, 40, 225-232.

 

Artikelbild auf der Grundlage eines Fotos von Thomas Max Müller / pixelio.de