Quit Smoking - mit Neuromarketing

Quit Smoking – mit Neuromarketing

Schon als ich anfing diesen Blog mit Leben (und Informationen) zu füllen, gab es im Bereich der neurowissenschaftlichen Erforschung des menschlichen Kaufentscheidungsverhaltens zwei grundsätzlich verschiedene Strömungen, die ich damals mit den Begriffen “Neuromarketing”, der auf den Einzelfall bedachten neurowissenschaftlichen Marktforschung, und “Neuroökonomie”, also der verallgemeinerbaren Grundlagenwissenschaft beschrieb. Beide Strömungen haben ihre jeweils spezifischen Stärken und Problemchen – das wahrscheinlich größte: Universitäre Einrichtungen dürfen keine direkte Wirtschaftsförderung betreiben. Die Untersuchung spezifischer Marken und Werbemaßnahmen kommerzieller Unternehmen ist damit… sagen wir kompliziert.

Die Lösung: Man untersucht nicht das Marketing kommerzieller Unternehmen. Man untersucht das Marketing gemeinnütziger Organisationen.

Ein nobles Ziel: Effektive Anti-Raucher Kampagnen

Gerade erst letzte Woche habe ich an gleicher eine Studie zur Wirkung von Fair Trade Siegeln auf das Entscheidungsverhalten und dessen neuronale Grundlagen vorgestellt. Ein anderes viel beachtetes Forschungsprojekt, welches elegant eine direkte Wirtschaftsförderung umschifft, stellte 2012 erste Ergebnisse zur erfolgreichen Vorhersage der Wirksamkeit von Anti-Raucher Werbespots vor.

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Want to quit smoking? Neuromarketing may be able to help…

Und kürzlich wurde aus dem gleichen Projekt eine Nachfolgestudie veröffentlicht.

Emily Falk und Kollegen (2015) untersuchten anhand einer Emailkampagne für 400.000 Raucher in New York (Quit Smoking Kampagne) die Effektivität verschiedener Abbildungen, die dazu motivieren sollten mit dem Rauchen aufzuhören. Ein Teil der Abbildungen zeigte die typischen abschreckenden Bilder, die man auch hierzulande kennt, ein anderer Teil eher neutrale Bilder. Beide wurden mit dem Slogan “Stop Smoking. Start Living” versehen.

Zunächst mussten die Probanden, die in einen fMRT Scanner geschoben wurden, eine Reihe unterschiedlicher positiver und negativer Wörter dahingehend einschätzen, ob diese sie beschreiben oder nicht. Diese Aufgabe diente dazu jenen Teil des medialen Präfrontalkortex zu identifizieren, der dafür verantwortlich ist den Selbstbezug oder die Relevanz externer Reize für den Betrachter zu identifizieren. Frühere Arbeiten hatten gezeigt, dass diese Struktur gerade in der Gesundheitsprävention eine wichtige Rolle spielt.

Danach bekamen sie die insgesamt 40 Kampagnenbilder nebst Slogan zu sehen.

Wenn das Gehirn sagt: Quit Smoking!, ist der mPFC aktiv

Zunächst ein kleiner Überblick über den Erfolg der Kampagne als ganzes. Insgesamt knapp 60.000 der 400.000 verschickten Emails wurden tatsächlich geöffnet, was 14% entspricht. Von diesen wurden knapp 16% komplett durchgelesen.

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damit es nicht mehr überall qualmt…

Während die subjektive Einschätzung der Kampagnenfotos in Bezug auf deren Wirksamkeit zwar einen Zusammenhang mit der tatsächlichen Kampagneneffektivität zeigte, dieser aber laut Statistik nicht stark genug war, um einen Zufallsbefund auszuschließen, konnte Aktivität im medialen Präfrontalkortex statistisch zuverlässig den Kampagnenerfolg vorhersagen. Im Kombination erklärten die beiden Maße sogar 65% der tatsächlich gefundenen Effektivitätsunterschiede.

Offensichtlich spielt der mPFC also eine wichtige Rolle wenn es darum geht gesundheitsförderndes Verhalten zu verstärken.

Wenn man dies mit der Vorhersage des Erfolgs von Kinofilmen vergleicht, ist das schon beeindruckend.

Neuromarketing offensichtlich eine gute Ergänzung traditioneller Methoden

Wie schon viele Studien zuvor zeigt die Arbeit von Falk und Kollegen (2015), dass neurowissenschaftliche Methoden einen einzigartigen Beitrag zur Vorhersage tatsächlicher Marktzahlen leisten kann, der über die Vorhersageleistung klassischer Befragungsmethoden hinausgeht. Des Weiteren belegt sie, dass Neuromarketing nicht nur auf die Anwendung im Konsumgüterbereich beschränkt ist. Auch die Gesundheitsvorsorge und verwandte Felder können von den Methoden und dem Wissen der Neurowissenschaft profitieren.

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Mittels fMRT ist es möglich den Erfolg einer Quit Smoking Emailkampagne vorherzusagen, und zwar genauer als es mittels klassischer Befragungen gelingt. Interessant ist hierbei, dass vor allem eine Region, die immer dann aktiv wird, wenn relevante Informationen mit Selbstbezug gezeigt werden, zur Vorhersageleistung beiträgt. Also denkt drüber nach: Quit Smoking!

Referenzen

Falk, E., O’Donnell, M. B., Tompson, S., Gonzalez, R., Dal Cin, S., Strecher, V., … An, L. (2015). Functional brain imaging predicts public health campaign success. Social Cognitive Affective Neuroscience, doi: 10.1093/scan/nsv108