The Magic of Simplicity (Teil 1)

The Magic of Simplicity (Teil 1)

…war das Thema des vor vier Tagen (22. Mai 2014) zuende gegangenen 7ten Neuromarketing Kongress in München. Genug Zeit, die in diesem Beitrag gesammelten Spontaneindrücke gedanklich zu sortieren. Genug Zeit, sich seine eigenen Gedanken zum Thema zu machen.

Hier also mein ganz persönlicher Erfahrungsbericht zum Neuromarketing Kongress 2014 und zur Magic of Simplicity.

HAUFE, Gruppe Nymphenburg, BMW Welt – es wird geklotzt!

Wer mich kennt, der weiß, dass ich gern etwas vor der verabredeten Zeit zu Terminen erscheine, um mir einen ersten, unverfälschten Eindruck machen zu können. Mein erster Eindruck zum Neuromarketing Kongress: Hier sind absolute Profis am Werk

BMW Welt MünchenDer Veranstaltungsort, die BMW Welt am Olympiapark München, macht schon auf den ersten Blick deutlich, dass sich der Neuromarketing Kongress an das Who is Who der Wirtschaft richtet. Wer hier tagt, der signalisiert Erfolg und Kompetenz auf ganzer Linie.

Im Innern setzt sich dieser Eindruck nahtlos fort, umgeben von ausgestellten BMW Edelkarossen wird man persönlich in Empfang genommen und bekommt sein Namensschild überreicht. Ein paar dezente Informationsstände der Gruppe Nymphenburg, des HAUFE Verlags und einiger anderer Unternehmen (z.B. Tobii, die Eyetracking Systeme für die Marktforschung herstellen) sind prominent platziert und doch nicht aufdringlich, ungezählte Kellner schlängeln sich durch die Besucherscharen und reichen kostenlose Getränke.

Man fühlt sich verwöhnt. Fast will man sagen: Man fühlt sich umworben.

Der Veranstaltungsraum selbst, das sogenannte Auditorium, fasst angeblich etwa 700 Personen und ist zu Beginn der Eröffnungsrede restlos gefüllt. Jeder Gast hat vor sich mehrere Getränke zur Auswahl, in jeder Pause wird schmutziges Geschirr weggeräumt, neues Werbematerial ausgelegt.

Zum Mittag gibt es mehrere Gerichte zur freien Auswahl, ist etwas leer, wird es sofort nachgefüllt. Man nimmt sich nicht selbst, man wird bedient, angerichtet wird auf Porzellan und wer möchte, bekommt zu den Ravioli mit Spargel und dem Hühnchen noch ein Dessert, wobei es wiederum verschiedene Wahlmöglichkeiten gibt.

Ganz klar: Hier wird nicht gekleckert, hier wird geklotzt.

Der Neuromarketing Kongress ist mit großem Abstand die professionellste Veranstaltung, die ich je besucht habe. Alles funktioniert wie aus einem Guss, als Besucher fühlt man sich rundum umsorgt.

Fünf von fünf Sternen.

Beide Daumen hoch!

Die Vorträge: Mal MAGIC, mal eher simpel, aber leider eher selten neuro

Zugegeben, die Messlatte, die das professionelle Umfeld gelegt hatte, war hoch. Vielleicht hat dies zu einer unbewusst verzerrten Erwartungshaltung meinerseits geführt – ich weiß es nicht. In jedem Fall fällt mein Fazit relativ gemischt aus, mit Vorträgen, die mich überraschten, neben Vorträgen, die mich eher enttäuschten. Ein Überblick:

Prof. Dr. Dietrich Dörner – Vom Umgang mit Komplexität

Vom Umgang mit KomplexitätHerr Prof. Dörner gab eine schöne Einführung in das Thema Komplexität – auch wenn er sich etwas zu sehr mit Napoleon aufhielt und für meinen Geschmack zu wenig auf Marketing und gar nicht auf Neurowissenschaft einging. Dafür zeigte er ein schönes Modell der Komplexität von Aktionen, ihrer Abhängigkeit von unüberschaubaren Randbedingungen und den Nebenwirkungen, die sie neben dem eigentlich beabsichtigten Effekt erzielen (siehe Abbildung). Auch wenn er nicht darauf einging, wie Neuromarketing – sei es als Marktforschungsinstrument oder als Perspektive auf Marketingprozesse – dazu beitragen kann die Komplexität von Unternehmen-Kunde-Interaktionen zu reduzieren, hat er doch indirekt aufgezeigt, warum sich Neuromarketing meiner Meinung nach in den nächsten 20 Jahren zunehmend durchsetzen wird: Es hilft sich in unübersichtlichen Situationen auf das Wesentliche zu konzentrieren und verlässliche Vorhersagen zu machen.

Jennifer Schmidt & Bernd Werner – Weniger ist (emotional) mehr: Wie man mit einfachen Reizen den Erfolg von (Marken-)Kommunikation steigern kann

Ein Beitrag, auf den ich mich im Vorfeld sehr gefreut hatte. Frau Schmidt und Herr Werner demonstrierten an einer einfachen Studie, wie sich Komplexität von Werbematerial auf das Erleben von Kunden auswirkt und wie man diese Wirkung mit wissenschaftlichen Methoden messen kann. Eine ihrer Kernaussagen war, dass hohe Aktivierung, wie sie oft in der Werbung genutzt wird, um Aufmerksamkeit zu generieren, nicht unbedingt positiv für das beworbene Produkt ist, sondern dass es auf das “rechte Maß” ankommt. Dieses ist mit einfachen, klar strukturierten Anzeigen oft besser zu erreichen.

Emotionen im MarketingDa ich in einer der nächsten Wochen sicherlich noch näher auf ihren Beitrag eingehen werde, sei an dieser Stelle nur vorweg genommen, dass ich den Referenten zwar zustimme, was das “rechte Maß” an Aktivierung betrifft – nicht jedoch in Bezug auf die Valenz von Werbematerialien. Werbung muss nicht positiv sein, wie ich schon andernorts schrieb. Überhaupt halte ich den Ansatz nur zwischen positiver und negativer Werbung zu unterscheiden für zu kurz gegriffen.

Dazu jedoch in den kommenden Wochen mehr…

Dr. Michael Hartschen – Simplicity: Die Prinzipien der Einfachheit

Tja… ist es ein gutes Zeichen, wenn man nach nur 4 Tagen schon wieder vergessen hat, was ein Referent zu sagen hatte? Im Gedächtnis blieb mir, dass Herr Dr. Hartschen als einziger Sprecher auch mal auf Hirnregionen außerhalb des limbischen Systems verwies – namentlich den Thalamus, den er als eine Art Torwächter zum Bewusstsein bezeichnete. Ich bin kein Experte auf dem Gebiet der Bewusstseinsforschung, aber ich bin mir sicher, über diese verkürzte Darstellung lässt sich streiten.

ZebrastreifenAußerdem zeigte Dr. Hartschen eines der besten Bilder des Kongresses (siehe oben).

Inhaltlich kann ich mich, wie gesagt, an nichts nennenswertes erinnern. Dafür gibt es jetzt hier seinen kompletten Vortrag als PDF.

Dieter Brandes – Consumer Confusion: Wie man Shoppen einfacher macht

Herr Brandes war eine der positiven Überraschungen des Tages, denn er zeigte mir, wie man auch komplett ohne Wissen über neuronale Vorgänge sehr gutes Marketing entwickeln kann. Seine Botschaft: Reduziere dich auf das Wesentliche. Denk nach. Probier das Ergebnis deines Nachdenkens aus. Wenn es funktioniert, wende es an.

Das eigentlich witzige an Herrn Brandes, der laut Ankündigung eine ganze Weile für ALDI gearbeitet hat und dem man die Nähe zur Mutter aller Discounter noch immer anmerkt, war das Plädoyer gegen Marktforschung. ALDI habe noch nie ein Marktforschungsinstitut gebraucht.

Lieber Herr Brandes. Das, was Sie dort beschreiben (Stichwort: Probier es aus!) ist Marktforschung.

Aber ansonsten bin ich ganz bei ihm. Jeder, der sich auf das Wesentliche reduziert, ein klares Konzept im Kopf hat und sich am Kunden orientiert, kann auf Marktfoschung zumindest weitgehend verzichten. Auch auf Neuromarketing. Denn Neuromarketing macht letztendlich nichts anderes als das. Es schärft den Blick auf das Wesentliche: den Kunden.

Die Folien zum Vortrag findet ihr hier.

 

Und damit beende ich The Magic of Simplicity, den ersten Teil meines Berichts über den Neuromarketing Kongress 2014. Dem zweiten Teil findet ihr hier, den Livebericht kann man hier lesen.

[Update 28.05.2014] Folien der Vorträge im Beitrag verlinkt. Eine komplette Übersicht findet sich hier.