Die Wichtigkeit emotionaler Markenführung

Die Wichtigkeit emotionaler Markenführung

In meiner Besprechung der berühmten Studie zum Markenvergleich von Coca Cola und Pepsi bin ich schon kurz darauf eingegangen: Erfolgreiche Marken rekrutieren Netzwerke, die vor allem an der Emotionsverarbeitung beteiligt sind. Vor kurzem bin ich nun auf eine Untersuchung gestoßen, die dieses Ergebnis ein wenig genauer unter die Lupe nimmt.

Um diese 2012 im Journal of Consumer Psychology veröffentlichte Studie, ihre Ergebnisse und deren Bedeutung für die Markenführung soll es in diesem Beitrag gehen.

Brand on the brain

Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

Franz-Rudolf Esch und seine Kollegen (Esch et al., 2012) interessierten sich dafür, ob Konsumenten Wort- und Bildmarken eher anhand faktischer Informationen bewerten, wie wohl relativ häufig angenommen wird, oder ob die mit der Marke assoziierten Emotionen entscheidend sind, wie es die Ergebnisse des Cola-Pepsi Vergleichs nahelegen (McClure et al., 2004). Dies wäre immerhin von ganz entscheidender Bedeutung für die Markenführung.

Esch und Kollegen präsentierten ihren Probanden verschiedene starke, schwache und unbekannte Wort-/Bildmarken Kombinationen, die diese hinsichtlich ihrer emotionalen Valenz (von positiv bis negativ) bewerten sollten. Während dessen wurde mittels funktioneller Magnetresonanztomografie die Hirnaktivität aufgezeichnet.

An dieser Stelle sei noch einmal darauf verwiesen, dass es mitunter sehr schwierig und mit Fehlern behaftet sein kann, wenn man von gefundener Hirnaktivität auf zugrundeliegende Prozesse schließt. Zum sogenannten reverse inference Problem habe ich mich bereits andernorts geäußert – man sollte die Möglichkeit von Mehrdeutigkeiten stets im Hinterkopf haben, wenn man die Ergebnisse und Interpretationen von MRT Studien betrachtet.

Starke Marken führen zu…

In diesem Fall wird die Interpretation der Ergebnisse etwas erleichtert, da Esch und Kollegen vier konkrete Vermutungen testeten:

1. Da unbekannte und schwache Marken fürs kognitive System weniger leicht zugänglich sein sollten als starke Marken, erwarteten Esch und Kollegen, dass Hirnregionen, die mit basaler Sprachverarbeitung assoziiert sind, umso stärker aktiviert werden würden, je unbekannter die Marke ist. Dies würde bedeuten, dass schwache und unbekannter Marken intensiver Verarbeitet werden müssen, ehe sie ihre Wirkung entfalten können. Die gefundenen Aktivierungen im inferioren Frontalgyrus, einem Teil des Broca Areals, sowie im superioren Frontalgyrus scheinen dies zu bestätigen.  Interessant ist jedoch, dass keine bedeutsame Unterschiede für den Vergleich unbekannte versus schwache Marken in diesen Regionen gefunden wurde.

Dies legt nahe, dass es als ein Charakteristikum starker Marken angesehen werden kann, dass eine sprachliche Vorverarnbeitung nicht mehr notwendig ist.

2. Direkt aufbauend auf der ersten Hypothese wurde weiterhin angenommen, dass Hirnregionen wie das Wernicke Areal und der Hippocampus, die unter anderem der Informationsentnahme dienen, bei bekannten Marken eine stärkere Aktivität zeigen würden als bei unbekannten Marken. Auch dies konnte anhand der Daten bestätigt werden. Tatsächlich zeigten sogar weit verzweigte Gedächtnisnetzwerke eine stärkere Aktivierung bei bekannten im Vergleich zu unbekannten Marken – was letztlich nicht verwunderlich ist, schließlich sind bekannte Marken ja bekannt, also in den Gedächtnisnetzwerken repräsentiert.

Überraschender waren dagegen die Ergebnisse in Bezug auf Vermutung drei und vier. Denn:

3. Wenn es stimmt, dass Bewertung von Marken auf einer bewussten Auseinandersetzung mit faktischen Informationen beruhen, dann sollten starke Marken mit Aktivität in solchen Arealen einhergehen, die zur Verarbeitung faktisch-sprachlicher Informationen benötigt werden. Dies war jedoch nicht der Fall. Starke, schwache und unbekannte Marken unterschieden sich nicht in Bezug auf die Aktivität in Arealen wie dem Präfrontalkortex oder dem medialen temporalen Kortex – ein Hinweis darauf, dass sich Kunden nicht so bewusst-faktisch mit Marken auseinandersetzen, wie oft angenommen.

4. Da die Markenbewertung scheinbar nicht anhand faktisch-sprachlicher Informationen erfolgt gingen die Autoren davon aus, dass stattdessen bekannte Emotionsnetzwerke durch starke Marken angesprochen werden würden – und diesmal waren die Daten im Einklang mit der Annahme. Starke Marken aktivierten im Vergleich zu schwachen Marken das beidseitige Palladium, eine Region, die in früheren Studien mit positiven Emotionen während sensorischer Stimulation assoziert wurde.

Was bedeuten diese Ergebnisse für die Markenführung?

Jens Roth / pixelio.de

Jens Roth / pixelio.de

Sollten sich die Ergebnisse von Esch und Kollegen als belastbar erweisen,  können sich Unternehen zukünftig das Geld sparen, dass sie ivestieren um ihre Marke objektiv gut dastehen zu lassen – es sind nicht die Fakten, auf die es ankommt. Für die Markenführung ist einzig und allein relevant, dass sich die Marken gut anfühlen!

Starke Marken scheinen genau deshalb “stark” zu sein, weil sie leichter, quasi nicht-sprachlich intuitiv verarbeitet werden, indem sie emotionale Netzwerke ansprechen. Für erfolgreiche Markenführung sollte dies berücksichtigt werden. Investitionen, die nicht darauf abzielen eine Marke emotional aufzuladen und zu gestalten, sind an anderer Stelle vermutlich rentabler.

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

In einer Zeit gesättigter Märkte kommt der Markenführung eine besondere Bedeutung zu. Unternehmen investieren viel Geld, um ihre Marke stark zu machen – doch wie neuroökonomische Ergebnisse zeigen, ist ein Teil dieses Geldes wahrscheinlich verschwendet. Kunden nehmen keine faktenbasierte Bewertung von Marken vor. Sie verlassen sich ganz auf ihre Emotionen.

Referenzen

Esch, F.-R., Möll, T., Schmitt, B., Elger, C. E., Neuhaus, C., & Weber, B. (2012). Brand on the brain: Do consumers use declarative information or experienced emotions to evaluate brands? Journal of Consumer Psychology, 22, 75-85.

McClure, S. M., Li, J., Tomlin, D., Cypert, K. S., Montague, L. M., & Montague, P. R. (2004). Neural Correlates of Behavioral Preference for Culturally Familiar Drinks. Neuron, 44, 379-397.