Wie erkenne ich schwarze Schafe im NeuroCounseling?

Wie erkenne ich schwarze Schafe im NeuroCounseling?

Die Umfrage zum einjährigen Bestehen von discover-neuro.de ergab unter anderem, dass ich eurer Meinung nach die Rubrik “Praxistipps: Neuromarketing” in letzter Zeit ein wenig vernachlässigt habe.

Recht habt ihr.

Und deswegen habe ich ein wenig in meinem Archiv gekramt.

Als ich vor über einem Jahr einen Beitrag über schwarze Schafe im Neuromarketing und wie man sie erkennt verfasst habe, wurde auch ein erster Entwurf dieses Artikels über schwarze Schafe im NeuroCounseling angelegt. Immerhin kann man sich mit dem Verweis auf Neuromarketing gut verkaufen, selbst dann, wenn man nur das gleiche macht wie eh und je.

Ich glaube es ist Zeit, diesen Artikl endlich ans Tageslicht zu holen, ein wenig zu entstauben und dann in die Weiten des World Wide Web zu entlassen…

Here we go.

Wie erkenne ich Schwarze Schafe im NeuroCounseling?

Die Frage danach, woran man einen fähigen Berater im Bereich Neuromarketing erkennen kann, ist leider nicht so einfach zu beantworten. In Deutschland darf sich grundsätzlich jeder “Berater” oder “Consultant” nennen und damit Geld verdienen, es gibt kein Zertifikat oder dergleichen, welches einen gewissen Qualitätsstandard garantieren würde. Meines Wissens arbeitet die Neuromarketing Science and Business Association zwar gerade an solchen Standards, aber bis es soweit ist, dass diese sich etabliert haben – vor allem in Deutschland, das im Bereich Neuromarketing oft etwas hinterher hinkt – werden wohl noch einige Jahre vergehen.

Bis dahin muss man sich wohl auf andere Hinweise und Indizien verlassen, um schwarze Schafe im NeuroCounseling zu erkennen…

schwarze Schafe im Neuromarketing

Schwarze Schafe im NeuroCounseling? Leider gibt es sie überall…
Bild von Ulrich Wieber / pixelio.de

Tip 1: Gute Berater können bescheiden sein

Vor ein paar Monaten wurde mir von einem Berater berichtet, der sich gleich zu Beginn des Gesprächs als einer der fünf führenden Köpfe Deutschlands in Bezug auf Neuromarketing vorgestellt haben soll. Mein erster Gedanke war: Auf welcher Grundlage trifft er diese Aussage? Es machte mich skeptisch und eine etwas genauere Recherche bestärkte mich in meinem Urteil, dass der Mann ein Blender war.

Wenn jemand ungefragt die eigene Person oder die eigenen Leistungen in den Mittelpunkt stellt und sehr offensichtlich Überzeugungsarbeit leistet, spricht das meistens gegen ihn. Das gilt grundsätzlich für alle Berater, nicht nur für den Neuro-Bereich. Wer gut ist, kann es sich leisten bescheiden zu sein.

Schwarze Schafe im NeuroCounseling hingegen können nicht inhaltlich punkten. Sie müssen auf andere Weise überzeugen und reden daher viel über sich, wenig über Inhalte. Wenn euch ein solches Verhalten auffällt, seid skeptisch. Es muss nichts heißen – aber die Gefahr, dass ihr einem schwarzen Schaf gegenüber steht, besteht.

Tip 2: Gute Neuro-Beratung kommt auch ohne Fachtermini aus

Natürlich sollte ein guter NeuroCounselor wissen, was der Nucleus Accumbens ist, welche Funktion die Amygdala hat und warum der Orbitofrontalkortex für Kaufentscheidungen eine zentrale Rolle spielt. Diese Vokabeln beherrschen aber auch schwarze Schafe meist aus dem FF. Entscheidend ist, dass gute Berater auch ohne Fachsprache zurechtkommen und in einer Beratung, spätestens auf Nachfrage, die Funktionen dieser Strukturen erklären. Und, noch wichtiger: Sie können diese Funktionen auf das aktuelle Problem beziehen. Die große Stärke der neurowissenschaftlichen Perspektive liegt darin, dass sie funktionale Zusammehänge aufzeigt. Wenn ein Berater also funktional argumentiert, ist das ein gutes Zeichen.

NeuroConseling braucht keine Fachsprache, sondern sollte auch für den Laien nachvollziehbar und verständlich sein.

Tip 3: NeuroCounseling ist wissenschaftlich fundiert

“Studien haben gezeigt” und “Neurowissenschaftler haben herausgefunden” sind Phrasen die dazu dienen nachfolgende Informationen zu legitimieren. Das ist nicht schlimm. Wenn ein Berater jedoch auffallend häufig solche Phrasen nutzt, legt dies die Vermutung nahe, dass er etwas legitimieren muss.

Wenn auffällt, dass sich ein Berater häufig auf nicht näher genannte “neurowissenschaftliche Studien” bezieht, dann sollte man einfach nachfragen, was genau in diesen Studien gemacht wurde. Ein guter NeuroCounselor sollte darauf eine gute Antwort haben. Ein schlechter Berater wird an dieser Stelle ins Straucheln geraten, wiederholen was er ohnehin schon gesagt hat oder versichern, dass er die entsprechende Studie heraussuchen kann.

Schwarze Schafe im Neuromarketing erkennt man meiner Meinung nach immernoch am besten daran, dass ihr Wissen sehr oberflächlich und oft nicht sehr flexibel anwendbar ist. Hier hilft es auch mal unbequeme Fragen zu stellen.

Tip 4: In English, please…

NeuroCounseling beruht auf neurowissenschaftlichen Erkenntnissen und diese werden heutzutage zu geschätzt 99% auf Englisch publiziert. Oft sind Anglizismen im Marketing ja ein Mittel, um jung und cool zu wirken. Im NeuroCounseling ist aber leider die gesamte Fachliteratur auf Englisch.

Wenn der Berater von “Eff Em Arr Ei” (fMRI) redet oder “Brodmann areas”, dann ist das kein Zeichen von coolness, sondern einfach der geläufige Fachbegriff. Anglizismen können daher leider nicht genutzt werden, um gute von schlechten Beratern zu unterschieden. Mit einer Ausnahme:

Tip 5: Hirnforschung und Neurowissenschaft, statt Gehirnforschung und Neuroscience

Gerade im Marketing lese ich oft den Begriff “Neuroscience”, wenn Neurowissenschaft gemeint ist. Klingt cooler. Aber kein ernstzunehmender Neurowissenschaftler würde im Deutschen den Begriff “Neuroscience” verwenden, dafür ist die deutsche Variante zu etabliert.

Neurowissenschaftler sprechen außerdem von “Hirnforschung” und lassen ab und an die erste Silbe des Wortes “Gehirn” einfach weg. Ein Berater, der von “Gehirnforschung” spricht, entlarvt sich meiner Meinung nach selbst.

Die Begriffe “Gehirnforschung” und “Neuroscience” werden in Deutschland quasi nicht genutzt – außer von Menschen, die keinen entsprechend fundierten Hintergrund haben.

Tip 6: Ehrlichkeit

Niemand kann alles wissen. Jeder Mensch hat Schwächen und Stärken, im Fachwissen wie überall sonst auch. Das bedeutet im Umkehrschluss: Nicht jeder Berater kann zu allen Bereichen (sinnvoll) beraten.

Wenn man einen Neuro-Berater fragt, welche Marketingbereiche er abdeckt, und man bekommt als Antwort: “Eigentlich alle”, dann ist das kein gutes Zeichen. Gute NeuroConsultants erkennt man daran, dass sie offen zugeben, wenn sie zu einer bestimmten Frage keine Antwort haben.

Den Hans-Dampf-in-allen-Gassen der Neurowissenschaft gibt es nicht.

Aber mit etwas Glück und diesen Tipps kann man Dampfplauderer (meistens) als solche entlarven.

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Da die Berufsbezeichnung “Berater” in Deutschland nicht geschützt ist, kann grundsätzlich jeder seine Dienste als Neuro-Berater oder NeuroConsultant anbieten. Es ist schwer, schwarze Schafe im NeuroCounseling zu erkennen und von Experten zu unterscheiden. Wie immer gilt: Augen auf! Und nur für das bezahlen, was das eigene Unternehmen wirklich weiter bringt.

 

Artikelbild auf der Grundlage eines Fotos von Uschi Dreiucker / pixelio.de