Wie erkenne ich schwarze Schafe im Neuromarketing?

Wie erkenne ich schwarze Schafe im Neuromarketing?

Neuromarketing und Neuromarketer sind leider keine geschützten Begriffe – jeder darf sie nutzen, wie es ihm gefällt. Deshalb wird in der Marketingswelt vieles als Neuromarketing verkauft, obwohl es meiner Meinung nach nicht viel mit den tatsächlichen Prozessen im Gehirn zu tun hat. Aber wie erkennt man Schwarze Schafe im Neuromarketing?

Um diese Frage zu beantworten, ist es zunächst einmal wichtig zu klären, was unter Neuromarketing verstanden werden soll. In aller Ausführlichkeit habe ich das in meinem Beitrag “Was ist das eigentlich: Neuromarketing?” getan. Kurz zusammengefasst: Neuromarketing heißt für mich, dass neurowissenschaftliche Methoden wie beispielsweise das EEG eingesetzt werden, um Marketingmaßnahmen zu optimieren. Nutzt jemand lediglich Informationen oder Theorien, die ihrerseits wiederum mit neurowissenschaftlichen Methoden getestet wurden, ist das für mich NeuroCounseling. Darauf, wie man schwarze Schafe im NeuroCounseling erkennt, werde ich später noch getrennt eingehen.

Schwarze Schafe im Neuromarketing – Eine Suche in vier Schritten

Immer wenn ich auf eine Firma stoße, die von sich behauptet Neuromarketing anzubieten, schaue ich mir als erstes die Methoden an, die sie auf ihrer Website bewirbt. Taucht dort kein EEG oder MRT auf, handelt es sich mit ziemlicher Sicherheit um ein Unternehmen, das NeuroCounseling anbietet – aber eben kein Neuromarketing in dem Sinn, wie ich es verstehe.

Hermann / pixelio.de

Hermann / pixelio.de

Finde ich einen Verweis auf neurowissenschaftliche Methoden, ist der zweite Schritt ein Blick auf die Liste der Mitarbeiter. Die Erhebung und Interpretation neurowissenschaftlicher Daten ist nämlich eine komplexe Angelegenheit, die eine entsprechende Ausbildung voraussetzt. Auch wenn es mittlerweile Hard- und Software gibt, die einem die Auswertung von fMRT und EEG Daten erleichtert – die Interpretation kann (bislang) nicht automatisiert erfolgen, und falsche Rückschlüsse passieren häufiger, als man denkt. Sind bei den Mitarbeitern keine ausgebildeten Neurowissenschaftler, macht mich das skeptisch, wobei es natürlich viele Berufe gibt, die mit neurowissenschaftlichen Daten zu tun bekommen: Mediziner, Psychologen, Neurowissenschaftler, Biologen, bisweilen Physiker und MTAs.

Eine zweite Möglichkeit die Expertise des Unternehmens einschätzen zu können – mein Schirtt drei – ist die Suche nach wissenschaftlichen Referenzen. Jedes Unternehmen, das Neuromarketing anbietet, sollte mindestens über einen qualifizierten wissenschaftlichen Beirat oder angestellte Neurowissenschaftler verfügen, die dafür bürgen können, dass gewisse wissenschaftliche Standards eingehalten werden. Deren Expertise kann man zumeist anhand ihrer wissenschaftlichen Publikationen einschätzen. Einfach den Namen der entsprechenden Experten auf scholar.google.de eingeben und dann mal schauen, welche Ergebnisse das bringt. Wenn in den Titeln der Zeitschriften, in denen der entsprechende Wissenschaftler publiziert hat, oder in den Titeln der Beiträge, die er geschrieben hat, öfter das Wort “Neuro” vorkommt, ist das schonmal ein gutes Zeichen. Ein weiterer Pluspunkt ist, wenn der Experte häufig als Erster oder Letzter in der Autorenliste genannt wird. Wenn in den Artikeln EEG oder fMRT Daten ausgewertet wurden, spricht das zusätzlich für eine gewisse Expertise.

Sollten keine wissenschaftlichen Publikationen/Referenzen vorliegen, würde ich mich auf die Suche nach einem anderen Unternehmen machen.

Sind die Schritte eins bis drei erfolgreich kontrolliert worden, bleibt sozusagen als krönender vierter Schritt noch der Blick auf eine mögliche Mitgliedschaft in der Neuromarketing Science & Business Association. Diese hat zwar an sich keinen Einfluss auf die Qualität der Daten oder die Wissenschaftlichkeit der gewonnenen Aussagen, sie garantiert aber, dass sich das entsprechende Unternehmen an gewisse ethischen Richtlinien hält.

Wenn man diese vier Schritte befolgt, ist die Wahrscheinlichkeit an ein schwarzes Schaf im Neuromarketing zu geraten eher gering. Allerdings gilt wie immer im Leben: Garantien gibt es nicht und ganz ausschließen lässt sich eben doch nicht, dass man auf einen Betrüger hereingefallen ist. Solltet ihr also an der Seriösität eines Unternehmens zweifeln, fragt ruhig nach – ich versuche gern Hilfestellungen zu geben.

Zusammenfassung: Das Wichtigste in 50 Wörtern

Schwarze Schafe gibt es überall – zum Glück kann man schwarze Schafe im Neuromarketing (im Sinne tatsächlicher neurowissenschaftlicher Messdienstleistungen) relativ schnell erkennen. Diese kleine Anleitung in vier Schritten soll dabei helfen schwarze Schafe schon vorab zu entlarven – schließlich will man für das investierte Geld auch tatsächlich brauchbare Leistungen bekommen.

 

Artikelbild von Ulrich Wieber / pixelio.de